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Der Glühweinkrieg
Puh, die Frankfurter City ist ja dermaßen voll, da kann man ja zum Menschenfeind werden. Aber mit Alkohol geht ja alles, oder? Also auf ins Getümmel, mit den Kollegen zum Glühweinstand geeiert und der Beste ist hinter der Schirn, was man schon daran sieht, das hier die Schlange am längsten ist. Okay, das mit dem Ambiente ist nicht so weit her, aber man kommt den Leuten näher. Zuerst sehen alle noch ganz glücklich aus, mit weingeröteten Wangen und leisen Lächeln auf den Lippen. Doch je weiter ich vorrücke in der Schlange, umso rabiater geht es zu. "Das muss man abkönnen", sagt eine Frau und dann unterhalten wir uns kurz über die Ellenbogengesellschaft. Der Glühweinstand auf dem Weihnachtsmarkt als Spiegel der Gesellschaft? Durchaus. Denn hier kommen alle her, das Punkkonzert für Alte lockt mittlerweile auch andere Semester an. Der verarmte Akkordeonspieler dreht seine Runden, die Banker machen im Gedränge Rotweinflecken auf ihre weißen Westen und dazwischen stehen Agenturfuzzis und Busfahrer und Studenteköppe und Beamte und Lokalpolitiker und all das Volk, das Frankfurt ist. Ja, aufgemerkt, ihr Soziologen da draußen: die Magisterarbeitsthemen liegen auf dem Pflaster, man muss sie nur finden zwischen all den hingeworfenen Maroni-Schalen. Der Glühweinkrieg ist bald vorbei. Morgen hat der Frankfurter Weihnachtsmarkt das letzte Mal in diesem Jahr geöffnet. Also nichts wie hin und Ellenbogen raus. Danach ist nämlich nur noch seelige Stille.
20. Dezember 2006, 16.36 Uhr
Nils Bremer
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