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Foto: Bernd Kammerer
Foto: Bernd Kammerer

5 Fragen an Moses Pelham

„Toleranz fängt da an, wo es dir nicht mehr richtig passt.“

Der Frankfurter Rapper und Musikproduzent Moses Pelham hat dem JOURNAL FRANKFURT verraten, was ihn bewegt. Ein Gespräch über Kunst, Veganismus und Toleranz.
JOURNAL FRANKFURT: Moses, du machst eigentlich Musik, malst seit einiger Zeit aber auch Mäuse. Was hat es damit auf sich?

Moses Pelham: Ich wollte schon vor einigen Jahren die bildende Kunst mit der Musik verbinden. Ein Musikstück verflüchtigt sich heute so schnell. Früher hatte man mit einer Schallplatte noch wirklich etwas zum Anfassen in der Hand. Außerdem wird heute das Original kaum noch geschätzt. Ich hatte irgendwann die Idee, jedes Stück mit einem eigenen Bild zu verbinden, habe das aber bisher noch nicht geschafft. Der Gedanke mit den Mäusen entstand eher zufällig während eines Meetings, bei dem ich nebenbei herum kritzelte. Es gibt dabei keinen Ansatz der Vermarktung, für mich hat die Arbeit daran eher etwas Kindliches und macht mir einfach Spaß. Jeder Strich, den du dabei machst, bleibt. Du kannst ihn vielleicht kaschieren, aber eine gewisse Spur wird immer sichtbar sein. Das ist etwas, was wir heute mit der ganzen Technik und der Arbeit am Computer gar nicht mehr gewohnt sind. So richtig mit meiner Musik verbunden habe ich das bisher nur beim Artwork zum GLASHAUS-Album „Kraft“, allerdings ohne Mäuse. Wer mal sehen will, was ich da sonst so mache, kann meine Facebook-Seite besuchen.

Du lebst seit vier Jahren vegan. Wie kam es dazu?

Ich finde den Gedanken, dass meinetwegen Tiere ihr Leben lang gequält und dann bestialisch getötet werden, fürchterlich. Ich war schon viele Jahre Vegetarier als mir klar wurde, dass ich mit dem Verzehr von Eiern, Käse oder Milch diese Maschine, mit der ich nichts zu tun haben möchte, weiterhin befeure. Jedes Mal, wenn ich Käse esse, gebe ich meinen Stimmzettel dafür ab, dass eine Kuh künstlich befruchtet und ihr das Kalb entrissen werden soll, damit ich die Milch haben kann, die eigentlich dem Kalb zugedacht war, das wiederum zu Schnitzel verarbeitet wird. Natürlich hatte ich am Anfang auch Bedenken, dass mir durch den Verzicht ein Stück Lebensqualität verloren gehen würde. Es hat etwa zwei Jahre gedauert, bis ich es endlich ganz durchgezogen habe – und dabei merkte, dass es gar nicht schwierig ist, vegan zu leben.

Fasziniert dich Musik noch genauso wie in deinen Anfangsjahren?

Ich habe als Kind alles Mögliche ausprobiert, sei es Fußball, Basketball oder Rad fahren. Aber alles hat schon nach kurzer Zeit seine Faszination für mich verloren. So ging es mir über ganze Lebensabschnitte hinweg. Das einzige, das mich wirklich immer fasziniert hat, war die Musik. Es gibt nichts, was so sehr Abbild meiner Empfindungen und meiner Hoffnungen ist. Phasenweise war die Musik so sehr Mittelpunkt meines Lebens, dass das Leben selbst zu kurz kam. Das würde ich heute nicht mehr so handhaben. Ich habe immer versucht, über die Musik mehr über mich selbst zu lernen. Wenn du deinen Künstlerhut aufsetzt und so eine bestimmte Situation oder ein Problem betrachtest, kann das der ganzen Sache auch etwas seinen Schrecken nehmen. Und wenn die Hoffnung erstmal ihren Ausdruck in der Kunst findet, erlebt man automatisch eine Rückkopplung aufs Leben.

Was bedeutet für dich Toleranz?

Toleranz fängt natürlich da an, wo es dir nicht mehr richtig passt. Toleranz wird wichtig, wenn etwas nicht mehr so läuft, wie du es dir vorgestellt hast. Vorher gibt es ja nichts zu tolerieren. Sie bedeutet die Anerkennung der Freiheit des Anderen und die Zurückstellung dessen, was du selbst für offensichtlich richtig hältst. Natürlich macht es mich unfassbar traurig, dass sich rechtes Gedankengut in unserer Gesellschaft verbreiten kann und ich möchte diese Menschen manchmal fragen, ob sie in der Schule in Geschichte nicht aufgepasst haben. Aber wo kommen wir hin, wenn wir dauernd von vornherein sagen, dass es überhaupt nichts gibt, worüber wir sprechen können? Es gibt oft genug etwas, worüber man reden kann, wenn es ein ehrlicher Austausch ist. Natürlich gibt es Grenzen: Wenn jemand den Holocaust leugnet, fehlt jede Basis für ein gemeinsames Gespräch. Da geht es nicht um eine Meinungsverschiedenheit. Aber bei einer demokratisch gewählten Partei, so fürchte ich, wird diese Herangehensweise auf Dauer nicht funktionieren. Wir werden nicht darum herumkommen, miteinander zu reden – so bequem es auch sein mag, sich auf das Gegenteil zurückzuziehen. Aber das ist natürlich leicht gesagt, während ich in meinem Musikzimmer sitze und stellt sich möglicherweise etwas anders dar, wenn man gewisse Menschen samt ihrer Propaganda vor sich hat.

Und abschließend: Was verbindest du mit Frankfurt?

Frankfurt bedeutet für mich vor allem Heimat. Hier bin ich geboren und aufgewachsen. Es gibt keine Ecke, die ich nicht kenne und nicht schon als Kind vor Augen gehabt hätte – außer vielleicht dem Europaviertel. Ich sehe es als großes Glück an, hier aufgewachsen zu sein. Frankfurt steht für einen besonderen Umgang miteinander. Für Offenheit und Vielfalt. Das ist eine Mentalität, die mir sehr gut gefällt.

Die Fragen stellte Ronja Merkel.
 
14. November 2018, 09.41 Uhr
Ronja Merkel
 
Ronja Merkel
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin. – Mehr von Ronja Merkel >>
 
 
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