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Foto: © HMdIS
Foto: © HMdIS

Polizei: Neue IT-Dienststelle

Innenministerium: „100-prozentige Sicherheit wird es nicht geben“

Mit „Innovation Hub 110“ will die hessische Polizei „in Start-up-Atmosphäre innovative IT-Lösungen“ entwickeln. Neben einer Verkehrsunfall-App werden Handvenenscanner getestet. Damit soll die Sicherheit bei Datenzugriffen erhöht werden – auch mit Blick auf den NSU 2.0-Skandal.
Bei der hessischen Polizei soll es eine neue Software richten; immerhin wird die Institution bereits seit Monaten von Negativschlagzeilen hinsichtlich des Datenschutzes begleitet. Am Donnerstag stellte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) in Frankfurt das neue 900 Quadratmeter große „Innovation Hub 110“ vor. „Eine neue Software-Schmiede der hessischen Polizei“, so Beuth, in der 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „in Start-up-Atmosphäre“ Sicherheitslücken schließen, neue Techniken entwickeln und den Dienstalltag erleichtern sollen. „Die neue Dienststelle nimmt damit deutschlandweit eine Vorreiterrolle ein“, stellt der Innenminister fest. Vernetzen wolle man damit polizeiliche Vertreterinnen und Vertreter von Bund und Land sowie aus Wissenschaft und Technik.

Die technischen Neuerungen sollen laut Innenministerium dafür sorgen, dass sich die Beamtinnen und Beamten stärker auf ihren Kernbereich – die „Abwehr von Gefahren und die Verfolgung von Straftaten“ – konzentrieren können. „Von diesem neuen IT-Thinktank profitieren insbesondere die Bürgerinnen und Bürger, die schon heute in einem der sichersten Bundesländer leben“, betonte Beuth bei dieser Gelegenheit. Schon bald soll die zuständige Dienststelle des Hessischen Polizeipräsidiums für Technik (HPT) von 25 auf 35 Mitarbeitende aufgestockt werden.

Konkret hat die neue IT-Dienststelle bisher eine Verkehrsunfall-App entwickelt. Diese soll den Aufwand bei der Aufnahme von Verkehrsunfällen verringern. Davon passierten in Hessen täglich rund 400. Die Angaben eines Unfalls können darin direkt eingetragen werden und erforderten anschließend auch keine weitere Eingabe in einen Polizei-Computer. Auch das Einstellen von Fotos sei unmittelbar vor Ort datenschutzkonform möglich. Testweise wurde die App bereits beim 13. Polizeirevier in Frankfurt eingesetzt. Dabei habe man festgestellt, dass sich die Aufnahmezeit für Unfälle um die Hälfte reduzieren lasse. Jeder hessische Streifenpolizist werde baldmöglichst über ein eigenes Smartphone mit der App verfügen, so Peter Beuth.

Reaktion auf NSU 2.0?

Auch biometrische Verfahren werden neuerdings bei der Polizei Hessen getestet. Zu diesem Zweck wurde im Polizeipräsidium Rüsselsheim ein Pilotprojekt mit Handvenenscannern gestartet. Damit wolle man die Sicherheitsmaßnahmen bei dem Zugriff auf Daten erhöhen. Zwar werden die NSU 2.0-Drohschreiben nicht explizit erwähnt, es ist jedoch naheliegend, dass der anhaltende Skandal bei den Planungen eine entscheidende Rolle gespielt hat. Seit bald zwei Jahren werden immer wieder mit NSU 2.0 oder anderen den Nationalsozialismus verherrlichenden Signaturen unterschriebene Morddrohungen an Personen des öffentlichen Lebens verschickt. In zahlreichen dieser Fälle gibt es Hinweise darauf, dass die Daten der Adressaten zuvor von Polizeicomputern abgerufen wurden.

Insgesamt fünf Handvenenscanner kommen aktuell zum Einsatz. Gemeinsam mit der Abfrage von Passwörtern entstehe so eine Zwei-Faktor-Authentifizierung, erklärte ein Sprecher des Hessischen Innenministeriums. „Ein Passwort kann vielleicht noch über die Schulter des Kollegen mitgelesen oder sogar erraten werden. Mit dem zusätzlichen Einsatz des Handvenenscanners bekommt man so aber keinen Zugang zu einem fremden Computer.“ Neben dem Computer muss eine weitere Freischaltung mit einer individuellen Kennung über das Gerät direkt bei der Maske zur Abfrage von Personendaten erfolgen.

Ob anschließend noch weitere biometrische Verfahren getestet werden oder der Handvenenscanner sich bereits als geeignet herausstellt, soll sich während der Pilotphase zeigen. Aber: „Eine 100-prozentige Sicherheit wird es nie geben. Wir können es nur erschweren, dass unbefugte Abfragen getätigt werden“, so der Sprecher. Die Pilotphase soll bis Ende des Jahres laufen. Die Polizei nehme die in den vergangenen Monaten aufgekommenen Vorwürfe sehr ernst, betont Landespolizeipräsident Roland Ullmann. „Die Überprüfung der Identität mittels biometrischer Methode mit dem Handvenenscanner gilt bereits als sehr sicher.“ Ullmann ist erst seit kurzem Landespolizeipräsident; sein Vorgänger Udo Münch hatte aufgrund der NSU 2.0-Drohschreiben und in dem Kontext nicht weitergegebener Informationen zurücktreten müssen.

Noch immer keine Antworten

Schon seit Dezember 2018 müssen hessische Polizistinnen und Polizisten einen Grund für die Abfrage von personenbezogenen Daten angeben. Dennoch war es weiterhin möglich, Daten von Personen abzurufen, an die anschließend die Drohschreiben verschickt wurden. Bisher wurden zudem bei jeder 200. Abfrage Stichprobenkontrollen durchgeführt, bei denen die Beamtinnen und Beamten sich gegenüber den Vorgesetzten zusätzlich mündlich zu ihrer Abfrage rechtfertigen mussten. Diese „tiefergehende Überprüfung“ werde nun auf jede 50. Abfrage erhöht. Wie bereits im Mitte Juli vorgestellten Maßnahmenkatalog zur Aufklärung der NSU 2.0-Affäre beschrieben, unterstreicht das Innenministerium erneut, dass die Zugangsdaten für die Polizeicomputer ab sofort alle drei Wochen zurückgesetzt und erneuert werden sollen. Zudem schalte sich der Sperrbildschirm bereits nach drei Minuten Inaktivität ein.

Aktuell investiert die Hessische Landesregierung 1,8 Milliarden Euro in die Software, das Personal und Ausstattung der Inneren Sicherheit. Weshalb die unbefugten Datenabfragen erst sehr viel später festgestellt wurden, und wie diese überhaupt möglich waren, kann das Innenministerium noch immer nicht beantworten.
 
14. August 2020, 13.47 Uhr
Johanna Wendel
 
Johanna Wendel
Jahrgang 1993, Technikjournalismus-Studium an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, seit Januar 2019 beim Journal Frankfurt. – Mehr von Johanna Wendel >>
 
 
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