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Foto: srp
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Kassenbonpflicht

„Man nimmt den Kassenbon in Empfang, um ihn anschließend wegzuschmeißen“

Seit dem 1. Januar gilt deutschlandweit die Kassenbonpflicht und damit muss zu jedem Einkauf ein Kassenbon gedruckt werden. Doch daran halten sich längst nicht alle, wie ein Rundgang durch Frankfurt zeigt.
Mit Jahresbeginn tritt die Kassenbonpflicht, das „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“, in Kraft. Mit der Bonpflicht will das Bundesfinanzministerium Steuerbetrug an der Ladenkasse verhindern. Viele Händlerinnen und Händler kritisieren das neue Gesetz, denn es bedeutet, dass sämtliche Unternehmen in Deutschland jeden Einkauf, jede Stornierung oder Umbuchung elektronisch protokollieren müssen. Die lückenlose elektronische Dokumentation soll dazu beitragen, dass künftig keine Umsätze mehr an den Finanzämtern vorbeifließen. Die Belegausgabepflicht ist ein Teil der neuen Kassensicherungsordnung, die seit dem 1.Januar 2020 gilt. Hierbei sollen die Kassen durch eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) fälschungssicher werden.

Beim morgendlichen Bäckereibesuch in der Nähe des Hauptbahnhofes zeigt sich jedoch schnell, dass sich nicht alle daran halten und weiter wie gewohnt ihre Backwaren verkaufen, ohne stringent einen Bon an die Kundinnen oder Kunden auszuhändigen. „Normalerweise liegt der Warenwert im niedrigen bis mittleren Bereich, da besteht doch kaum jemand auf einen Bon“, meint ein Passant kopfschüttelnd, angesprochen auf die neue Kassenbonpflicht. Auch bei Kiosk-Betreibende in unmittelbarer Nähe trifft man auf großes Unverständnis, was die neue Regelung angeht: „Wer will denn einen Bon, wenn er sich einen Schokoriegel oder eine Zigarettenpackung kauft?“, fragt sich Kareem, der seit über fünf Jahren in einem kleinen Kiosk arbeitet. „Wenn jemand einen Bon möchte, bekommt er diesen, aber die Pflicht ist absoluter Quatsch“, sagt er. Wie sich bei der Nachfrage in weiteren Kioskläden zeigt, haben einige Kioskbesitzende noch nichts von der neuen Regelung mitbekommen oder ignorieren die Bonausgabe bewusst.




© srp

Müllberge und Bürokratie

Befürchtet wird auch eine Ansammlung von Müllbergen und damit eine zusätzliche Belastung der Umwelt. Das kritisieren nicht nur Umweltverbände, sondern vermehrt auch Händlerinnen und Händler. Ähnlich sieht das auch Lily Reuss, die seit 34 Jahren Inhaberin des Bistros Mahlzeit im Frankfurter Westend ist. „Die Kassensysteme sind mittlerweile alle vollelektronisch ausgestattet. Wozu brauchen wir die Kassenbonpflicht?“, fragt sie. Vor allem aus Zeitgründen sieht die Inhaberin die neue Reglung zur Aushändigung von Kassenbons kritisch. „Bei uns ist gerade zur Mittagszeit viel los, die Kassenbon-Ausgabe beziehungsweise Nachfrage verzögere nur den Prozess. Dabei haben die Menschen mittags sowieso kaum Zeit“, meint Reuss.

Auch die Tatsache, dass das Thermopapier preislich nicht günstig sei und auch der ambivalente Blick zur Nachhaltigkeit mache sie stutzig. Denn das meist genutzte Thermopapier der Kassenbons kann nicht recycelt werden. Der Handelsverband Deutschland (HDE) kritisierte außerdem, dass Steuerbetrug vor allem durch die neue Software TSE verhindert wird, die ebenfalls zum 1. Januar 2020 verpflichtend eingeführt wird und dadurch der Kassenbon überflüssig werde. „Auf Dauer ist das totaler Quatsch und es wäre vollkommener Unsinn, wenn sich das durchsetzen würde“, so die Inhaberin des Bistros. Doris Hegemann, eine Kundin, die Vorort auf die Schnelle ihren Espresso genießen möchte, schaltet sich in das Gespräch ein und sieht ebenfalls die neue Regelung problematisch. „Man nimmt den Kassenbon in Empfang, um ihn anschließend wegzuschmeißen“, sagt sie. Sie erzählt von ihren Aufenthalten in Italien, wo die Kellner und Kellnerinnen einem für jeden Betrag einen Kassenbon aushändigen müssen – ansonsten drohen Bußgelder. Ähnliche Verfahren drohen wohl auch in Deutschland, auch wenn das neue Gesetz erstmal zur Abschreckung dient. Lily Reuss versichert, dass ein Großteil der Kassenbons im Laden bleiben. „Die Menschen wollen kein unnötiges Papier mit sich herumschleppen.“




© srp

Analog im digitalen Zeitalter

Unweit vom Bistro auf der Bockenheimer Landstraße befindet sich seit 39 Jahren die Kleine Blütengalerie. Für die Inhaberin des Blumenladens Kirsten Harders ändert sich mit dem Jahreswechsel wenig. Ein kleiner Teil der Kundschaft nehme den Kassenbon mit, ein Großteil halte wenig von der Aktion und ließe den Bon da. „Wir hatten aber auch erst gestern unseren ersten Arbeitstag im neuen Jahr“, erklärt sie. Auch für Haneef Patel, seit 2010 Inhaber des gleichnamigen Cafés und Vitaminbar im Zimmerweg, spürt wenig Veränderung. „Wir bieten diverse Zahlungsmöglichkeiten an und am meisten wird bei uns elektronisch mit Karte bezahlt.“ Eine Rechnung werde automatisch immer gedruckt, doch auch hier verzichten die meisten auf einen Bon, der einen Café oder einen frisch gepressten Saft für rund vier Euro dokumentiert. Falls jemand doch den Kassenbon mitnehme, „dann wird die Quittung meistens genutzt, um die Summe über Geschäftsauslagen wieder rein zu bekommen. Oder wenn etwas für Tagungen oder Meetings bestellt wird, ist der Kassenbon üblich“, erklärt Patel. Gelegentlich bestünden jedoch ausländische Kundinnen und Kunden auf einen Bon, um vermutlich einen Überblick über ihre Kosten zu behalten, sagt er. „Ansonsten halte ich von diesem analogen Gedanken im digitalen Zeitalter wenig“.

In der Politik wird auch über eine Befreiung für Unternehmen von der Belegausgabepflicht diskutiert. Dazu müssten Händlerinnen und Händler aus „Unzumutbarkeitsgründen“ eine Befreiung bei der Finanzbehörde beantragen. Aktuell ist es noch der Behörde überlassen, über den Befreiungsantrag zu entscheiden. Auch führen immer mehr Unternehmen Kassenbonrollen aus nachhaltigen Bisphenol ein oder sprechen sich dafür aus, in Zukunft Rechnungen per E-Mail anzubieten. Digitale Kassensysteme, die über ein Netzwerk mit dem Finanzamt verbunden sind, hält auch Haneef Patel für sinnvoller und mehr zeitgemäß.
 
7. Januar 2020, 12.35 Uhr
Sheera Plawner
 
 
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