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15 Jahre Harmful
Sieben goldene Jahre
Neues Album, neues Glück – Harmful startet als Quartett mit prominenter Unterstützung durch. So sehen 2007 Sieger aus.
Was ist der Eiserne Steg gegen die Golden Gate Bridge, der Hainer Weg gegen die Lombard Street, Preungesheim im Vergleich mit Alcatraz? Und trotzdem kommt einer freiwillig aus dem „gelobten Land“ Kalifornien nach Hessen, um sich hier wieder auf die Suche nach unverdorbenem Rock’n’Roll zu begeben. Billy Gould heißt unser Glücksucher, Bassist der legendären US-Crossover Band Faith No More, die zwischen 1990 und 1993 mehrfach für den Grammy nominiert war. Gould, seit Jahren nicht mehr on the road, hat ein eigenes Label gegründet und betätigt sich eher als Talentscout. Und er hat das neue Album des Frankfurter Trios produziert und ist – eine kleine Sensation – sogar als zweiter Gitarrist fest bei Harmful eingestiegen.
„Ein absoluter Glücksgriff“, schwärmt Aren Emirze, Sänger, Gitarrist und Songschreiber von Harmful. Fünfzehn Jahre gibt es die seit jeher von Blättern wie Rock Hard, Metal Hammer, Intro und Visions hoch gelobte Gruppe. „7“ heißt nun die neue Platte. Ganz profan weil es die siebte CD-Veröffentlichung von Harmful ist, aber auch die symbolische Bedeutung der Ziffer schwingt mit. Denn nach den ersten sieben fetten folgten zwar keine sieben wirklich mageren Jahre. Schließlich standen Erfolge wie Shows mit Slayer, eine Tournee mit Iggy Pop und Auftritte bei Rock am Ring auf der Haben-Seite. Aber die sieben wirklich goldenen Jahre sollen jetzt erst folgen.
„Das Feuer unserer Anfangstage ist zurück“, fühlte sich Emirze bei den Studioaufnahmen an ganz frühe Proben erinnert, als man sich beim Kennenlernen auf den Song ,War Pigs´ einigen konnte. Die einen kannten ihn im Original von Black Sabbath, die anderen in der Coverversion von Faith No More, neben Led Zeppelin und Gwar echte Idole von Harmful. „Wenn ich das gewusst hätte, hätte mich das eher beunruhigt“, lacht Gould, der – anders als die Plattenindustrie – keine Klone sucht, sondern echte Charaktere und starke Persönlichkeiten. „Dafür lasse ich alles stehen und liege, fliege über den Atlantik, freue mich dann über das Plus an Idealismus und das weniger an Zynismus im Umgang mit Musik hier verglichen mit Amerika, wo Kultur ist wie die Politik und es nur um Marketing und Money geht.“
„Sis Masis“, die Veröffentlichung von 2005, war Aren Emirzes Suche nach seinen armenischen Wurzeln, mystische wie politische Statements inklusive. Harmful, der musikalisch hoffnungsvolle Bastard aus Heavy, Alternative und Noise, wurde plötzlich für „blühende Songs“, für Pop-Appeal und orientalische Ausschmückungen gelobt. Diese fast lyrische Komponente verfolgte Aren dann aber in seinem nicht minder gelobten Solo-Projekt Emirsian und „A Gentle Kind Of Desaster" mit sanft-sensibler Songwriter-Musik weiter. Bahn frei also bei Harmful für ein echtes, klares, direktes und fast nacktes Rock’n’Roll-Album, das musikalische ohne überflüssiges schmückendes Beiwerk auskommt und bei dem der Sänger in seinen Texten auch seine persönlichsten Gefühle nicht ausspart, nicht mal den Tod geliebter Menschen.
„Auch Leid und Schmerz haben uns auf unserer Identitätssuche zu einer stärkeren Band gemacht“, betont Amir und sieht selbstbewusst in die Zukunft. Fragen nach dem endgültigen kommerziellen Durchbruch interessieren ihn dabei wenig. „Eine Band wie Guano Apes hat binnen kürzester Zeit Millionen Platten verkauft und sich dann aufgelöst. Bei so einem Erfolg verlierst du nicht nur schnell die Kontrolle, sondern auch das Wichtigste, die Musik, aus dem Blickfeld. Auf lange Sicht werde ich der glücklichere Mensch sein. Denn ich will noch mit 65 auf der Bühne stehen! Erfolg definiere ich anders und Glück ist für mich, mit Leuten wie Billy arbeiten zu können.“
Gould kommt rechtzeitig zur Tournee zurück nach Deutschland und freut sich schon auf seine neue zweite Heimat: „Ich habe seit Faith No More gute Freunde in Frankfurt und sogar schon früher mal überlegt, hierher zu ziehen, denn irgendwie erschien mir der Rhein Main Airport als das Zentrum der Welt, von wo aus ich in kürzester Zeit überall sein konnte.“ In der Batschkapp, der Havana Bar und der Sachsenhäuser Warte fühlt er sich längst zuhause. DETLEF KINSLER
Foto: Christian Wagner
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