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Foto: Lisa Bierwirth
Foto: Lisa Bierwirth

Spielfilm „Le Prince“

Lisa Bierwirth: „Es geht um Machtverhältnisse“

Lisa Bierwirth macht in ihrem Debütfilm „Le Prince“ Frankfurt zum Schauplatz einer Liebesgeschichte, die genauso ambivalent ist wie die Stadt selbst. Im Interview spricht sie über Inspirationsquellen und ihre Faszination für die Mainmetropole.
JOURNAL FRANKFURT: Frau Bierwirth, vergangenen Freitag wurde Ihr Film „Le Prince“ im Rahmen des Hessischen Film- und Kinopreises als bester Spielfilm ausgezeichnet. Beschreiben Sie kurz, worum es in dem Film geht.
Lisa Bierwirth: Le Prince ist ein Melodrama, es ist eine Liebesgeschichte zwischen einem kongolesischen Mann und einer deutschen Frau. Der Film beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern sich postkoloniale Strukturen oder Machtverhältnisse in einer deutsch-kongolesischen Beziehung widerspiegeln können und inwiefern diese das Potenzial besitzen, zum Antagonisten einer Liebesbeziehung zu werden. Letztendlich ist es ja auch so, dass diese Beziehung an Bedingungen scheitert, die größer und stärker sind als das Liebespaar selbst.

Wer oder was hat sie zu den beiden Protagonisten Monika und Joseph inspiriert?
Inspiriert wurde ich von meiner Mutter. Meine Mutter war mit einem kongolesischen Mann verheiratet. Es ist schon sehr lange her, dass die beiden zusammen waren, aber ich fand immer, dass sie ein sehr tolles und schillerndes, wiederständiges Paar waren, trotz all ihrer Probleme. Als die beiden zusammenkamen habe ich selber, und das muss ich zu meiner eigenen Scham sagen, Misstrauen gehabt. Ich habe mich gefragt, ob die vermeintlichen „Unterschiede“ nicht zu groß sind, ob das überhaupt funktionieren kann. Letztendlich habe ich dann herausgefunden, wie mutig es eigentlich ist, eine solche Liebe zu leben, seine Integrität und Nähe zu wahren – auch wenn man misstrauisch beäugt wird von außen. Das war der Auslöser für mich darüber sprechen zu wollen. Dann habe ich erstmal sehr lange recherchieren müssen und viele Gespräche geführt, um herauszufinden, wie und was man über die Herausforderungen einen solchen Beziehung erzählen kann.

Hatten Sie an einigen Stellen Angst in ein Fettnäpfchen zu treten, wenn Sie eine kulturelle Minderheit filmisch darstellen?
Am Anfang, ja. Wir haben sehr lange für die Recherchen zum Film gebraucht und auch am Drehbuch haben wir lange geschrieben. Wir haben sehr viele Interviews geführt, viel gelesen. Nur weil man einen Kongolesen kennt, heißt das nicht, dass man weiß, worum es geht. Ich hatte tatsächlich schlaflose Nächte. Ist das, was ich erzähle jetzt gut, wird es dem Thema gerecht? Ich musste ständig die Fiktion mit der Realität vergleichen. Daher habe ich mich auch dazu entschieden, die Geschichte erstmal aus einer weißen Perspektive zu erzählen. Wir betreten den Film mit Monika. Das hat es uns ermöglicht eine andere, unbekannte Spielfläche zu betreten – nämlich die der kongolesischen Diaspora. Ich habe die Protagonistin absichtlich im Kunst- und Kulturmilieu platziert. Einem Milieu, dem ich ja irgendwo auch angehöre.

Das gleiche Misstrauen, das ich im Film darstelle, ist mir natürlich bei den Vorbereitungen auch begegnet. Ich musste mein Vorhaben oft sehr ausführlich erklären und auch häufig betonen, dass ich es gerne nur in enger Zusammenarbeit machen möchte und kann. Natürlich lassen sich viele Menschen nicht leicht davon überzeugen mitzumachen. Die meisten unserer Schwarzen Darsteller sind Laien und es gab häufig die Angst davor, dass man vorgeführt wird. Dadurch, dass Passi Balende, der eine sehr große Popularität in frankophonen Gegenden besitzt, zugesagt hat, wirkte sich das wie ein starkes Zugpferd auf die Filmproduktion aus. Dadurch konnten viele Filmdarsteller sich überzeugen lassen mitzuwirken. Viele der Personen kannte ich zudem noch von damals, aus der Beziehung meiner Mutter oder den Recherchen.

Kann man den Film als eine Art Beziehungsstudie für interkulturelle Beziehungen in Deutschland sehen?
Ja klar, irgendwo kann man das – ich würde mir aber auch wünschen, dass man am Ende des Filmes über die Beziehung zwischen Mann und Frau nachdenkt. Ich habe mich mit Passi Balende und einigen seiner kongolesischen Freunde erst kürzlich in Paris darüber unterhalten, ob das eine europäische Thematik ist oder eine spezifisch deutsche. Er meinte daraufhin er habe das Gefühl, dass es europäisch ist. Ich glaube auch, wenn man in einer kulturell anderen Konstellation als der deutsch-kongolesischen eine interkulturelle Beziehung führt, findet man sich in der Geschichte wieder, die „Le Prince“ erzählt. Es geht nicht nur um Schwarz-weiß, es geht um Machtverhältnisse.

Hatten Sie vor, einen politischen Film zu machen?
Ich wollte nicht per se einen politischen Film machen. Sobald man aber von einer solchen Beziehungskonstellation erzählt, wird es politisch, ist ein unausweichliches Moment und man muss sich damit auseinandersetzen. In Le Prince begegnet eine Frau aus dem „wohlhabenden Sozialstaat Deutschland“ einem Kongolesen, nach dessen bisheriger Erfahrung ein „funktionierender Staat“ nicht existiert, der eine ganz andere Vorstellung davon hat, was es braucht, um zu überleben, und vor allem wie. Dadurch entsteht ein großes Spannungsfeld innerhalb der Beziehung. Letztendlich ist für mich das Filmemachen eine Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragestellungen und diese sind immer auch politisch. Man muss sich selbst natürlich die Fragen stellen: Was will ich warum erzählen, welche gesellschaftliche Relevanz oder Dimension könnte es haben. Das ist mir persönlich schon wichtig, sonst fehlt der Antrieb.

Warum ist Frankfurt der passende Drehort für „Le Prince“?
Frankfurt ist, in ihrer Art, eine Stadt, die man nirgendwo anders wiederfindet. Ich empfinde das Bahnhofsviertel, das in einer Linie von 200 Metern auf das Bankenviertel in seiner vollen Machtrepräsentation trifft, als eine passende Spielfläche für den Film. Das Bahnhofsviertel ist ein Viertel, in dem man neben vielen wundervollen Dingen auch mit menschlichen Abgründen konfrontiert wird. Dass diese beiden Welten so nah beieinander existieren, ist ein gutes erstes Bild für den Film. Außerdem regt es die Fantasie an, wenn man in einer Stadt dreht, die nicht die eigene Stadt ist.
 
26. Oktober 2021, 11.28 Uhr
Sinem Koyuncu
 
 
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