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Foto: Stadt Frankfurt/Mike Reuss
Foto: Stadt Frankfurt/Mike Reuss

Gedenken an Widerstandskämpfer vom 20. Juli 1944

Kritische Töne bei Gedenkfeier in der Paulskirche

Am Samstag wurde in der Paulskirche der deutschen Widerstandskämpferinnen und -kämpfer im Zweiten Weltkrieg gedacht, insbesondere dem Stauffenberg-Attentat am 20. Juli 1944. Dabei schlug Gastredner Thomas Karlauf durchaus kritische Töne an.
Es war eine Kulisse der Kontraste am Samstagvormittag in der Frankfurter Innenstadt: Eine bunte, feiernde Menschenmenge auf dem Römerberg, die im Rahmen der Christopher Street Day-Demonstration durch die Stadt zog; ein paar Meter weiter andachtsvolle Stimmung in der Paulskirche bei der Gedenkfeier für die Widerstandskämpferinnen und -kämpfer des 20. Juli 1944. „Jedem der Widerstandskämpferinnen und -kämpfer des 20. Juli gebührt unser Respekt: Für ihre Entschlossenheit, ihre Opferbereitschaft und ihren Willen, den Krieg zu beenden, der nach dem gescheiterten Attentat noch viele Opfer forderte“, sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD), der das Grußwort hielt. Die Gedenkveranstaltung 75 Jahre nach dem Stauffenberg-Attentat sollte die Bedeutung des Widerstandes aller Frauen und Männer von 1933 bis 1945 hervorheben.

Am 20. Juli hinterließ Claus Schenk Graf von Stauffenberg eine Aktentasche mit Sprengstoff und verließ die Lagebesprechung vorzeitig. Um 12.42 Uhr detonierte der Sprengsatz. Vier Personen kamen dabei ums Leben, neun weitere wurden schwer verletzt, doch das eigentliche Ziel des Anschlags, Adolf Hitler, überlebte. Stauffenberg flog im Glauben, dass sein Anschlag geglückt sei, zurück nach Berlin. Erst nach seiner Ankunft erfuhr er, dass Hitler überlebt hatte. Noch in der Nacht wurde Stauffenberg erschossen. Die Verfolgung durch die Gestapo zog hunderte weitere Verhaftungen und Hinrichtungen mutmaßlicher Attentäterinnen und Attentäter oder vermeintlicher Mitwisserinnen und Mitwisser nach sich. Familienangehörige wurden in sogenannte „Sippenhaft“ genommen.

Kein „Aufstand des Gewissens"

Doch was trieb die Attentäterinnen und Attentäter des 20. Juli an? Darüber sollte der Schriftsteller Thomas Karlauf, der als Gastredner geladen war, sprechen. Er ist der Autor der Stauffenberg-Biografie „Stauffenberg: Porträt eines Attentäters“, die für einige Aufregung gesorgt hatte. Denn Karlauf wartet mit durchaus kritischen Positionen auf, wenn es um die Motive der Attentäterinnen und Attentäter des 20. Juli geht. Bei dem Stauffenberg-Attentat, dem bedeutendsten Umsturzversuch des militärischen Widerstandes in der Zeit des Nationalsozialismus, habe es sich nicht in erster Linie um „einen Aufstand des Gewissens“ gehandelt, so der Autor. „Niemand kann an der aufrechten Gesinnung dieser Menschen zweifeln, die im Kampf für eine gerechte Sache das Äußerste wagten. Dennoch ist die Vorstellung, das Gros der am 20. Juli Beteiligten habe aus Gewissensgründen gehandelt, irreführend.“ Stauffenberg und die anderen beteiligten Offiziere hätten vielmehr aus patriotischen Gründen und aus Gründen der politischen Vernunft gehandelt.

„Als Patrioten ließen sie ihr Leben, im Glauben an ein anderes, ein besseres Deutschland“, sagte Karlauf in seiner Rede. Als deutlich wurde, dass Deutschland den Krieg verlieren werde, sei es ihnen in erster Linie darum gegangen, sich eine bessere Verhandlungsposition mit den Alliierten zu sichern. Die Opposition hätte sich zwischen Sommer 1943 und Sommer 1944 die Frage gestellt: Wie schaffen wir es, jetzt wo ein deutscher Sieg nicht mehr realistisch ist, einigermaßen unbeschadet aus der Sache rauszukommen? „Wenn es den Deutschen im letzten Moment gelingen würde, sich aus eigener Kraft von Hitler zu befreien, würden sie mit den Siegern auf Augenhöhe verhandeln können.“ – Das sei die Hoffnung der Opposition gewesen, sagte der 64-Jährige in seiner Rede. Es sei ihnen darum gegangen, dafür zu sorgen, dass Deutschland seinen Platz unter den zivilisierten Völkern nicht verlieren und bei der Gestaltung der Zukunft Europas mitreden könne. Karlauf verwies auch auf Hannah Arendt, die später geurteilt habe, den Verschwörerinnen und Verschwörern sei aus ihrer Erkenntnis der Massenmorde offenbar nicht einmal ein Gewissensproblem entstanden. Im Nachhinein hätten sich die militärisch-politischen Motive der Verschwörerinnen und Verschwörer aber als moralisch richtig erwiesen, und deshalb sei der 20. Juli mit Recht zum zentralen Gedenkort geworden, schlussfolgert Karlauf. „Wie auch immer wir das Attentat historisch bewerten: Stauffenbergs Konsequenz, sein Mut und seine Entschlossenheit sind in höchstem Maße bewundernswert.“

Für den wahrscheinlich emotionalsten Moment der Veranstaltung sorgte Emil Mangelsdorff. Der 94-jährige Jazz-Musiker sorgte gemeinsam mit Axel Pape am Schlagzeug für den musikalischen Ausklang der Gedenkfeier. Mangelsdorff, der es nur mit Stock und Unterstützung auf die Bühne schaffte, beeindruckte mit seiner Darbietung am Saxophon. Mit einer Kranzniederlegung am Mahnmal für die Opfer der Gewaltherrschaft endetet die Gedenkfeier.
 
22. Juli 2019, 13.04 Uhr
Helen Schindler
 
Helen Schindler
Jahrgang 1993, Studium der Politikwissenschaft an der Goethe-Universität, seit 2017 beim Journal Frankfurt – Mehr von Helen Schindler >>
 
 
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