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Foto: CC BY-SA 3.0 Jarvin
Foto: CC BY-SA 3.0 Jarvin

„Adieu, Chef!“

Frankfurts Gastronomen nehmen Abschied von Paul Bocuse

Für den Gault & Millau war er der Koch des 20. Jahrhunderts. Am Samstag starb der wohl berühmteste Koch der Welt, Paul Bocuse. Auch in Frankfurts Küchen wird getrauert.
Allein das Alter, das Bocuse erreicht hat, beeindruckt. „Der hat es geschafft, 91 zu werden, in einer Branche, die nicht gerade dafür bekannt ist, besonders entspannend zu sein“, stellt Simon Horn anerkennend fest. Der Küchenchef im Restaurant Margarete postete als Tribut seine abgegriffene Ausgabe des Paul Bocuse Standardkochbuches auf Instagram mit dem Hashtag #Chef. Das Buch sei für Horn immer noch eine wichtige Inspiration. „Das nimmt man immer wieder zur Hand“, erklärt er. Als Andacht hat Horn am Montagabend direkt Kalbsherzen für das Margarete bestellt. „Recht hat er. Man muss das ganze Tier verarbeiten.“

#chef

Ein Beitrag geteilt von Simon Horn (@simon_horn_) am


Viele Küchen-Tugenden, die heute als progressiv und modern gelten, hatte Bocuse in den Sechzigern erstmals etabliert. Seine Marktküche bestand auf regionale und saisonale Zutaten. „Er hat die Küche und damit auch das Ansehen der Küche auf ein neues Niveau gehoben. Der hat wirklich Entwicklungsarbeit geleistet“ urteilt Alfred Friedrich vom Edel-Wirtshaus Zur Golden Kron. Bocuse habe die Küche entschlackt und Köche an die Öffentlichkeit gebracht, lobt Friedrich. „Endlich hat mal einer über die Produkte geredet. Als Bocuse in den Sechzigern seinen dritten Stern bekam, lagen Österreich und Deutschland kulinarisch noch im Dämmerschlaf.“ Ein Großer sei von uns gegangen, erklärt Friedrich. „Adieu, Chef!“

KP Kofler, der Gründer von Kofler & Kompanie und Gastronom des Jahres 2018 im Schlemmer Atlas, hatte das Glück, den Chef einmal persönlich zu treffen. „Es war eine große Ehre“, schreibt Kofler auf Instagram. „Überall in Frankreich sind Köche heute traurig.“ Die französische Gastronomie habe eine Legende verloren. „Bocuse stand an einer ganz wichtigen Schnittstelle zwischen Tradition und Moderne“ urteilt Jürgen Dollase, Gastrokritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf dem Blog Eat-Drink-Think. „Er war derjenige, der wie kein zweiter Koch die traditionsverbundene französische Hochküche durch die Zeiten transportiert hat und für Klarheit und geschmackliche Präzision sorgte, als sie zu sehr in Richtung von großen Schautellern und unendlich viel Bastelei abdriftete.“


Am Freitag ist die Beerdigung in der Cathédrale Saint Jean in Lyon. Die Familie hat darum gebeten, dass die Köche unter den Trauergästen in ihren Küchenschürzen statt im schwarzen Anzug erscheinen. Ein Leben für die Kunst. Während des zweiten Weltkriegs lernte Bocuse in einem Schwarzmarkt-Restaurant in Lyon. Mit 18 Jahren kämpfte er als Freiwilliger in den Truppen der France libre an der Befreiung Frankreichs. Ein gallischer Hahn, tätowiert auf der Schulter, erinnerte ihn zeitlebens an diese Zeit. Nach der Befreiung Frankreichs eroberte er die Kochwelt im Sturm. Das Restaurant L’Auberge du Pont de Collonges, in dem seine Familie seit drei Generationen am Herd stand, brachte er 1965 auf drei Sterne im Guide Michelin. Das Haus konnte diese bis zum heutigen Tag verteidigen. Später eröffnete er weitere Restaurants in Paris, den USA und Japan.
 
24. Januar 2018, 11.25 Uhr
Jan Paul Stich
 
 
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