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Foto: Flowdeli
Foto: Flowdeli

Neuer Deli im neuen Museum

Flowdeli im Lichtbau des Jüdischen Museums

Nach langem Umbau wurde am 21. Oktober das Jüdische Museum am Untermainkai wiedereröffnet, inklusive ambitioniertem Gastro-Konzept. Im Flowdeli gibt es koschere, international inspirierte Küche aus regionalen Zutaten.
Schön ist es geworden. Und lange hat es gedauert. Nach fünf Jahren Umbau hat am 21. Oktober das Jüdische Museum am Untermainkai wiedereröffnet. Neu ist nicht nur die moderne Architektur von Volker Staab und das grunderneuerte Ausstellungskonzept von Direktorin Mirjam Wenzel, sondern auch die zeitgleich gelaunchte Museums-Gastronomie im neuen Lichtbau. In dem hellen Gastraum mit großer Glasfront und großzügiger Terrasse residiert zukünftig das Flowdeli. Wohlgemerkt das erste milch-koschere Lokal in einem Jüdischen Museum in Deutschland. „Darüber freuen wir uns ganz besonders“, unterstreicht die Direktorin Wenzel, „weil uns sehr an sinnlichen Erlebnissen in unserem neuen Museum gelegen ist.“




Das Flowdeli mit Glasfront und großer Terrasse

Das Flow-Prinzip

Die Marke „Flow“ ist in Frankfurt nicht unbekannt. Der Name ist in erster Line ein Akronym und setzt sich aus den Namen der drei Firmengründer Florian Große („Flo“) und Mia und Daniel Wittstock („w“) zusammen. „Flow ist aber nicht nur ein Akronym,“ erklärt Daniel Wittstock. „Es ist auch ein Begriff aus der Psychologie. Er steht für den Zustand der Harmonie von Körper und Geist. Das passt zu unserer Art zu kochen.“ Und dem Publikum scheint es zu gefallen. Seit 2014 hat sich das Dreier-Gespann unter dem Label Flow the Kitchen mit hochwertigen Caterings einen Namen in der Frankfurter Gastro-Branche gemacht. Nachdem die Nachfrage zu groß und die erste Küche in Bockenheim zu klein wurde, zog das Flow-Team mit der Produktion nach Kelsterbach um, wo das Unternehmen auch weiterhin auf 3000 Quadratmetern fortbestehen wird. Als erstes eigenes Outlet ist das Flowdeli allerdings echtes Neuland für die drei.

Deli im Museum

Die Planung begann bereits vor zweieinhalb Jahren. „Wir sind von der Museumsleitung angesprochen worden und haben uns zusammen mit ein paar anderen Frankfurter Betrieben beworben“, erinnert sich Daniel Wittstock. Offensichtlich war ihr Konzept überzeugend. Das hat zwei Gründe. Da ist zum einen das Deli-Konzept: Anstelle klassischer Museums-Gastronomie à la Kaffee-Kuchen-Quiche bekommt man im Flowdeli nicht nur eine bunte Palette an kalten und warmen Speisen vom Frühstück über Kaffee und Kuchen bis zur soliden Lunch-Karte geboten. Ganz im Sinn großer Vorbilder wie dem legendären Russ&Daughter, das seit 2016 eine Dependance im Jüdischen Museum in New York betreibt, oder dem Londoner Deli-Outlet von Yotam Ottolenghi gibt es neben den frischen, hausgemachten Speisen – übrigens alles nachhaltig verpackt als Take-Away erhältlich – auch abgepackte Delikatessen zu kaufen. Etwa Kaffee der Frankfurter Rösterei Hoppenworth&Ploch, Honig der Imkerei Schiesser aus dem Hochtaunus und auch koscheren Wein, Prosecco und sogar Champagner.




Regionale Produkte und koschere Delikatessen

Abgesehen davon „hat wohl unser Konzept international inspirierter milch-koscherer Küche überzeugt“, stellt Daniel Wittstock fest: „Man muss wissen, ‚die‘ Jüdische Küche gibt es nicht. Wir orientieren uns vielmehr an jüdischen Traditionen, wie sie von Juden in den verschiedenen Regionen rund um den Globus gelebt werden. All diese regionalen Besonderheiten, Einflüsse aus Osteuropa, Israel, Nordafrika und natürlich auch den USA finden sich in unserer Karte wieder.“ Bagel dürfen da natürlich nicht fehlen. Die gibt es mit pochiertem Lachs, cremigem Labaneh, orientalischen Kräutern und frischer Kresse oder auch in der Frühstücksvariante mit Auberginen-Crème, gebratenem Bio-Ei und Waldpilzen. Wer es leichter mag, kann sich an mariniertem Quinoasalat mit geröstetem Blumenkohl und Sesamdressing laben. Spannend klingt die Pasta mit Pilz-Pastrami und schwarzem Knoblauch, eine vegetarische Interpretation des beliebten Klassikers nordamerikanischer Deli-Kultur. Auch an die wichtigste Gruppe von Museumsbesucherinnen und -besuchern wurde gedacht und drei Gerichte für Kinder bis zwölf Jahre auf die Karte gesetzt.




Lachs auf Couscous und geschmorte Zwiebeln

Milch-koschere Delikatessen

Aber was genau heißt nun milch-koscher? Das Flowdeli wird hier seinem Standort im Museum als Bildungsstätte gerecht: Auf Tabletts und Tischen liegt ein Schaubild aus: „Was ist koscheres Essen?“ steht darauf. Gut nachvollziehbare Flow-Charts fassen die zentralen Punkte anschaulich zusammen. Dass die Küche im Flowdeli milch-koscher ist, bedeutet demzufolge im Wesentlichen, dass alle Gerichte und Getränke auf der Karte fleischfrei, aber nicht unbedingt vegan sind, sondern Ei, Fisch oder Milchprodukte beinhalten können. Tatsächlich sind die Regel für koschere Küche im Detail komplizierter: „Da verstecken sich Schwierigkeiten, wo man sie nicht erwartet. Etwa im Wein, der gewöhnlich mit tierischen Proteinen geklärt wird. Auch einiges, das sich hinter E-Nummern versteckt, ist tierischen Ursprungs und somit nicht zwangsläufig koscher“, erläutert Daniel Wittstock. Das Schaubild fügt dem noch hinzu: „Selbst wenn Speisen als koscher eingestuft werden, dürfen bestimmte Lebensmittel nicht miteinander kombiniert werden.“ Nicht nur deshalb verzichtet das Flow-Team generell auf Zusatzstoffe. Damit auch sonst nichts schiefgehen kann, kommt jeden Tag ein Maschgiach, ein Beauftragter des Rabbis, vorbei und hilft, die Einhaltung der Koscher-Regeln sicherzustellen.




Was ist koscheres Essen?

Ruhetag und Betreiber-Roulette

Neugierig geworden? Das Flow-Deli ist öffentlich, also ohne Eintritt zugänglich. Ein Besuch der Dauerausstellung ist allerdings wärmstens zu empfehlen. Durch den Standort entsprechen die Öffnungszeiten bis auf Sonderveranstaltungen denen des Museums. Montag ist also wieder Ruhetag. Warum das interessant ist? Ganz einfach: Samstag ist geöffnet, was für einen von zum Teil jüdischen Inhabern geführten Betrieb schwierig ist. Denn am Shabbat, also im Zeitraum vom Einsetzen der Dunkelheit am Freitagabend bis zum Sonnenuntergang am Samstagabend, darf nach jüdischem Glauben nicht gearbeitet werden. Zum Glück ist das Flow-Team ja zu dritt und so übernimmt samstags einer von ihnen alleine das Ruder.

>> Flowdeli, im Jüdischen Museum, Innenstadt, Bertha-Pappenheim-Platz 1, Di/Do 10-21, Mi/Fr-So 10-18 Uhr, Mo Ruhetag



 
23. Oktober 2020, 11.52 Uhr
Sebastian Schellhaas
 
 
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