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Foto: Miriam Mandryk
Foto: Miriam Mandryk

Probleme der Preisexplosion in Frankfurt

Wenn die Miete das Einkommen auffrisst

Hessen führt in 16 Kommunen die Mietpreisbremse ein. Viele Politiker begrüßen das, doch bezahlbarer wird der Wohnraum in Frankfurt dadurch auch nicht – zumindest nicht für Menschen mit niedrigem Einkommen.
In sechzehn hessischen Kommunen wird nun die Mietpreisbremse eingeführt, die soll ab Dezember auch in den meisten Stadtteilen Frankfurts gelten. Wieder ein Instrument, mit dem die Politik versucht, der Preisexplosion auf dem Wohnmarkt Herr zu werden. Milieuschutzsatzungen, Kappungsgrenzen sind weitere Maßnahmen, die politisch bejubelt werden, doch nicht bei jedem Mieter ähnliche Begeisterung hervorrufen. Denn schon jetzt ist das Mietpreisniveau in Frankfurt hoch, laut immowelt.de sollen die Mieten seit 2010 um 20 Prozent angestiegen sein. Der Druck auf den Wohnungsmarkt ist eben hoch, täglich wächst Frankfurt um 42 Einwohner. Lag der Mittelwert bei Frankfurter Quadratmeterpreisen 2010 noch bei 10,80 Euro so sind es derzeit 13 Euro.

Immer wieder ist die Rede vom „bezahlbaren Wohnen“, das ermöglicht werden soll. Was aber ist „bezahlbar“? Frank Junker, Geschäftsführer der ABG Frankfurt Holding, der 50.000 Wohnungen in Frankfurt gehören, sagt: „Bezahlbare Mieten sind solche, die sich innerhalb des Mietspiegels befinden.“ Nun ist der Frankfurter Mietspiegel auch nicht eben günstig, die ABG aber rühmt sich, zumeist Mieten anzubieten, die unter dem Mittel des Mietspiegels liegen. Das hilft Menschen mit niedrigem Einkommen, etwa Kindergärtnern oder der Krankenpflegern, konkret recht wenig.

Doch die ABG Frankfurt Holding arbeitet gewinnorientiert: 2014 erwirtschaftete sie einen Überschuss von 68.2 Millionen Euro. „Wir müssen die Mieten regelmäßig, aber moderat erhöhen, immerhin müssen die 6200 Wohnungen, die wir in den kommenden fünf Jahren bauen wollen, finanziert werden und es muss Geld für Instandsetzungen da sein“, sagt Junker. „Mieterhöhungen machen wir nur in behutsamen Schritten, im Gegensatz zu anderen Marktteilnehmern.“

Über Junkers Definition von „behutsam“ wird Désirée Pätz nur lachen können. Sie wohnt seit Dezember 2010 in der Hallgartensiedlung im Nordend, die der ABG gehört. Ihre 51 Quadratmeterwohnung hat weder Balkon noch Luxus, PVC liegt auf dem Boden. Zahlte sie anfangs 346 Euro Kaltmiete, also 6,77 Euro pro Quadratmeter, so würden nach drei Erhöhungen in der Zwischenzeit nun 437 Euro, damit 8,54 Euro pro Quadratmeter verlangt. 2017 stehe eine weitere Erhöhung um 10 Prozent an, klagt Frau Pätz. Sie engagiert sich in diversen Mieterinitiativen, etwa in der NBO (Nachbarschaftsinitiative Nordend, Bornheim, Ostend) und prangert an, dass die ABG ihrem sozialen Auftrag nicht gerecht werde. Permanente Erhöhungen seien nicht sozial. Das hat sie nun schon in Aktionen und bei einer Bürgerversammlung kundgetan. Doch mit dem ABG-Chef Frank Junker kommt sie auf keinen Nenner, gegenseitig bezichtigen sie sich, falsche Behauptungen abzugeben. Junker sagt, die ABG beschränke sich seit 2014 selbst auf Erhöhungen um zehn Prozent und auch in den vorherigen Jahren habe man nicht – wie durchaus marktüblich – um 20 Prozent erhöht, sondern nur um 15 Prozent. „437 Euro Miete für eine Wohnung im Nordend, das halte ich für zumutbar“, sagt Junker, der aber einräumt, dass die Verhältnismäßigkeit der Miete nun mal auch in Abhängigkeit des Einkommens zu sehen ist.

„Es sind schon einige Nachbarn wegen der steigenden Mietkosten ausgezogen“, sagt Désirée Pätz. „Aber zuvor wird erstmal an allem anderen gespart, am Auto oder am Urlaub, wegziehen ist das letzte Mittel.“ Junker hingegen ärgert sich über den Vorwurf der Mieterin „unsozial“ zu agieren. Der Mietspiegel sei ein transparentes System, im Quartier seien sonst 9,22 Euro pro Quadratmeter gemäß des Mietspiegels zu entrichten. Die Miete von Frau Pätz läge darunter. Zudem seien 37 Prozent der Neubauten der ABG öffentlich gefördert, die Hälfte der öffentlich geförderten Wohnungen Frankfurts gehörten der ABG. „Das ist unser sozialer Auftrag!“ Wie man die Mieten in Frankfurt denn künftig am Besten senke? „In dem die Stadt mehr Wohnungen baut“, ist Junkers Antwort. Doch eines bleibt, in Frankfurt wohnen, kann nur der, der es auch bezahlen kann. „Aber wenn ich nach Offenbach oder ins sonstige Umland ziehe, dann spare ich vielleicht an der Miete, aber dann kommen die viel höheren Kosten für den Weg zur Arbeit in Frankfurt dazu“, sagt Frau Pätz und wirkt ratlos. Maßnahmen wie Kappungsgrenzen, Milieuschutzsatzungen oder die neu eingeführte Mietpreisbremse jedenfalls greifen in ihrem Fall nicht. Letztere besagt, dass die Miete bei Neuvermietungen nur maximal bis zenh Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf, ausgenommen sind Neubauwohnungen und sanierte Wohnungen.
 
23. November 2015, 11.27 Uhr
nb
 
 
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