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Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder

Kolumne von Ana Marija Milkovic

Die gute Nachricht zuerst

Es ist ja nicht alles schlecht. Zum Beispiel ein Gebäude in der Speicherstraße, dass trotz Energieeffizienz noch ansehnlich ist – und nachhaltig. Was man vom übrigen gedämmten Wahnsinn nicht behaupten kann.
Ich beginne mit der guten Nachricht. Es wurde vergangenes Jahr ein Gebäude in Frankfurt fertig gestellt, das mir architektonisch gefällt. Es ist ein städtisches Bauwerk und auch ein Experiment. Das Gebäude wurde als Energieplushaus, ein sogenanntes Selbstversorgerhaus, hergestellt. Als solches ist es nicht nur technisch weit gediehen, sondern auch architektonisch antizipatorisch entwickelt.

Formal ist das Experiment gelungen. Es gibt eine Vielzahl von Details zu entdecken, die Freude beim Betrachten machen. An der Rückseite des Gebäudes, der Nordseite, entstand durch ein Fugenspiel ein grosszügiges, zusammenhängend wirkendes Bild, das aus Faserzementplatten hergestellt worden ist. Die Komposition der Fugen veredelt das profane Baumaterial. Die Hauptfassade des Gebäudes liegt im Süden an der Speicherstrasse. Diese Fassade ist durch die Himmelsausrichtung für die Energiegewinnung prädestiniert hochtechnisiert mit Photovoltaikpaneelbändern ausgestattet, die als Fassadengestaltungsmittel überzeugen. Durch behutsame vor- und rückspringende Faltungen dieser spielt die Fassade wiederum in den Strassenraum hinein und hilft die Länge des Gebäudes optisch zu verkürzen.

Das Gebäude an der Speicherstrasse 20-26 setzt sich von den vielen anderen Passivhäusern in der Stadt erfreulich ab, die im Inneren mit modernster Gebäudetechnik ausgestattet sind, im Äusseren hingegen an die Gründerzeit und die Heroische Moderne um 1933 erinnern. Das Energieplushaus an der Speicherstrasse wurde von HHS Planer+Architekten aus Kassel entworfen und von der Technischen Universität Darmstadt, Fachbereich Entwerfen und Energieeffizientes Bauen begleitet. Nicht die gute alte Zeit wird an der Speicherstrasse durch Wiederherstellung dieser betrauert, sondern es werden neue baulichen Möglichkeiten gezeigt. Während nicht wenige Architekten mit revisionistischen Bildern arbeiten und die Welt formal an dem Punkt wieder aufstehen lassen, wo es anscheinend gilt, die Zäsur des Zweiten Weltkrieg architektonisch überwinden zu helfen, beschäftigen sich wiederum Andere mit zeitgenössischen Mitteln neue Perspektiven herauszuarbeiten. Natürlich verantwortet der Architekt dabei nicht die Grundlagen für ein Bauvorhaben. Wird ein Energieplushaus beim Architekten in Auftrag gegeben schuldet dieser das Werk.

In welcher Verhältnismässigkeit aber Sinn und Nutzen, Zeit und Nutzen sowie Kosten und Nutzen bei der Erstellung eines Energieplushauses stehen hinterfragt der Architekt bei seiner Arbeit nicht. Die Frage, wie die Welterwärmung gestoppt werden kann, wenn unsere Energiepolitik darauf ausgerichtet ist bei antizipatorischer Verschwendung von Ressourcen und Mitteln, ein Selbstversorgerhaus herzustellen, wird von niemanden gestellt.

Dagegen wird für das gesetzlich vorgegebene Nachweisverfahren zur Errichtung eines Energieplus- oder Passivhauses ein hohes Mass an Genauigkeit impliziert, für das aber lediglich ein virtuell hinterlegtes Referenzprojekt als Bemessungsgrundlage herangezogen wird. Das Referenzprojekt liefert nur Anhaltspunkte, keine Beweise. In die Berechnung des Nachweisverfahrens fliesst zum Beispiel ein genormtes Standardklima ein. Die Berechnungsergebnisse dienen der qualitativen Bewertung eines Gebäudes und seiner technischen Gebäudeausrüstung. Folglich liegt der Fehler im System, wenn behauptet werden kann, dass die quantitative Bewertung zur Bemessung der teuren technischen Gebäudeausstattung nicht herangezogen werden kann. Fachleute sehen aus diesem Grund die zweite Novelle der Wärmeschutzverodnung als völlig ausreichend, um den Jahresheizwärmebedarf qualitativ zu errechnen. Das Passivhaus und Energieplushaus sind eine Einbahnstrasse, die uns nicht weiter bringen werden.

Darüber hinaus wird bei diesem Bauen das Bauwerk von der Gebäudetechnik und nicht etwa umgekehrt oder gar vom Nutzer bestimmt. Wie also werden die Lebenszyklen dieses und anderer im Passivhaus- oder Energieplusstandard errichteter Gebäude errechnet? Für konventionell hergestellte Gebäude konnte vor der Energiewende ein Lebenszyklus von 50 Jahren und länger in der Bewertung des Wirtschaftsgutes vorausgesetzt werden. Sowieso Kosten fielen in de Regel alle 50 Jahre an. Nun aber wird der Wert des Gebäudes durch kürzere Lebenszyklen der Architektur bestimmenden Gebäudetechnik deutlich gemindert. Die Gebäudetechnik weist im Regelfall eine Lebensdauer von 15 bis 20 Jahren auf. Nachhaltig können bei diesem Bauen folglich nur die Mieterhöhungen sein.
 
12. Mai 2016, 10.43 Uhr
Ana Marija Milkovic
 
 
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