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Wie fragwürdig ist "Frankfurt fragt mich"?

Wie Bürger zu Mängelmeldern degradiert werden

Jan Schneider (CDU) lobt sein neues Bürgerbeteiligungstool "Frankfurt fragt mich" als innovativ. Doch eine schon seit vier Jahren bestehende, private Initiative sieht es hingegen als Rückschritt. Ein Gastbeitrag.
Das Engagement der Stadt Frankfurt am Main für eine offene Verwaltung ist ein Paradestück wie in deutschen Kommune Chancen für einen Dialog mit Bürgern vertan werden und wie weiterhin wenig Interesse an Transparenz besteht. Seit Mitte letzter Woche gibt es in Frankfurt am Main ein neues Bürgerbeteiligungsportal. Unter dem Motto "Frankfurt fragt mich" werden Bürger aufgerufen Frankfurt mitzugestalten. Die Stadt ignoriert komplett, dass wir seit 4 Jahren versuchen mit Frankfurt-gestalten.de genau dorthin zu arbeiten, obwohl u.a. die Piraten sogar per Antrag darauf aufmerksam gemacht haben. Stattdessen kauft die Verwaltung für jährlich 35 tausend Euro eine Plattform, obwohl unsere Plattform als Open-Source-Version zur Verfügung steht mit größtenteils gleichen Funktionen.

Doch was bietet nun die Stadt mit ihrem Portal, das von der schwarz-grünen Koalition verabschiedet wurde? Was auf den ersten Blick schön klingt, ist auf den zweiten Blick zunächst mal nur ein Mängelmelder bei dem Bürger ein Müll-Problem oder Schlaglöcher melden können. Das ist die unterste Stufe von von Bürgerbeteiligung und hat mit Mitgestaltung gar nichts zu tun. Im Unterschied dazu versucht Frankfurt-gestalten.de für mehr Transparenz in der Lokalpolitik zu sorgen, damit man einfacher Entscheidungen einsehen kann. Vom Wohnzimmer aus können Anträge kommentiert werden und selber kleine oder große Initiativen eingebracht werden, damit sich Bürger, Politik und Verwaltung über alle Themen austauschen und vernetzen können. Der Deutschlandfunk hatte kürzlich wieder über uns berichtet. Glauben Sie die Stadt Frankfurt würde in ihrer Plannung zur Bürgerbeteiligung auch mit unserem ehramtlichen Bürgerprojekt sprechen? Fehlanzeige. Sie entwickelt lieber ein eigenes Portal, wo sie volle Kontrolle ausüben kann und nur ausgewählte Themen der Stadtgestaltung diskutiert werden könnnen. Erste Anliegen werden auch schon wegen angeblichen Verstoß der Nutzungsbedingungen abgwiesen.

Aber es geht noch weiter. IT-Dezernent Jan Schneider (CDU), dessen Vita keinerlei Kompetenz zum Thema E-Government aufzeigt, rühmt die vielen Beteiligungsmöglichkeiten des Portals. Thomas Heimstaedt von der Betreiberfirma Polidia, die auch politik.de betreiben, nennt die Plattform eine "einzigartige Dialogmöglichkeit" in der Frankfurter Rundschau, dabei kennt Heimstaedt natürlich Frankfurt-Gestalten.de. Der Dialog mit den Bürger soll über eine Bürgersprechstunde zum Beispiel mit dem Oberbürgermeister laufen. Dabei haben schon viele Politikchats gezeigt, dass so ein punktueller, einmaliger Dialog wenig bringt.

Natürlich agiert nicht jede Stadt wie Frankfurt am Main und verschließt sich vollständig dem was Bürger bereits im Netz machen. Gerade in punkto offene Daten gibt es andere Städte, die hier in einen Dialog treten mit der Community wie das Projekt codefor.de zeigt. Doch dies sind bisher nur kleine Hoffnungsschimmer für Veränderung. Der Artikel von Göttrik Wewer "Allheilmittel Transparenz?" in der Zeitschrift für moderne Verwaltung illustriert gut welches Denken in deutschen Kommunen im Grunde noch vorherrscht. Hier attestiert Wewer Projekten wie frankfurt-gestalten.de oder offenesparlament.de folgendes:

"Die Aversion gegen Politik, Parteien und Macht, die nicht selten zum Kampf David gegen Goliath stlisiert wird, kommt aus dem Bauch, ist nicht sonderlich reflektiert und schwerlich geeignet, die Demokratie zu stärken."

und weiter schreibt er:

"Transparenz ergibt sich nicht aus einer möglichst großen Menge an Informationen, sondern hängt davon ab, zum richtigen Zeitpunkt die wirklich wichtigen Informationen zu bekommen."

Doch genau hier liegt das Problem. Nach mehr als einem Jahrzehnt E-Government in Deutschland ist es Verwaltungen und Politik immer noch nicht gelungen Transparenz über politische Entscheigungsprozesse zu bringen. Im Gegenteil herrscht hierzu gerade auf lokalpoltischer Ebene kaum Interesse. Und in der Stadt, wo es genau in dieser Richtung ein Projekt gibt, wird es von der Verwaltung weitgehend ignoriert. Selbst IT-Dezernent Jan Schneider, der mit dem Jahrgang 1981 zu jüngeren Generation gehört, geht hier den alten Pfad der Pseudo-Beteiligung und schafft lieber eine Plattform, wo Bürger zu Mängelmeldern degradiert werden anstatt gemeinsam neue Wege der Stadtgestaltung zu gehen.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die Webseite nach einer Woche und viel PR gerade einmal 153 Nutzer hat.


Der Autor hat diesen Text als Mitgründer der Plattform frankfurt-gestalten.de dort veröffentlicht. Wir dokumentieren ihn hier mit freundlicher Genehmigung.
 
29. April 2014, 10.12 Uhr
Christian Kreutz
 
 
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