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Foto: Städel Museum – Artothek
Foto: Städel Museum – Artothek

"Geschlechterkampf" im Städel

Männer, die auf Frauen starren

Das Städel zeigt eine Ausstellung, die, wie die Macher sagen, vom "ewigen Kampf der Geschlechter" handelt. Ewig? Na hoffentlich nicht! Doch im 19. Jahrhundert konnten die Frauen in der Kunst noch gar nicht mitkämpfen.
„Do women have to be naked to get into the Met. Museum?“ fragte die New Yorker Künstlerinnengruppe Guerilla Girls 1989. Auch fast 30 Jahre später haben Künstlerinnen auf dem Kunstmarkt einen schlechteren Stand als ihre männlichen Kollegen. Tatsächlich gibt es heutzutage noch renommierte Künstler, die sich Aussagen leisten können, wie Frauen könnten nicht malen. Allgemein auf die Gesellschaft bezogen, braucht man nur einige Stichworte wie Pay-Gap, #Aufschrei oder Regretting Motherhood in den Raum zu werfen und schon merkt man, dass der Kampf um die Gleichberechtigung - leider - immer noch hochaktuell ist.

Die Ausstellung "Geschlechterkampf. Franz von Stuck bis Frida Kahlo" trifft einen sehr empfindlichen Nerv. Sie zeigt den langen und beschwerlichen Weg in einer moderne Gesellschaft, den Männer und Frauen beschritten haben. Sie zeigt die Auseinandersetzung mit den Rollenbildern der Geschlechter - hauptsächlich jedoch aus männlicher Sicht. Auch wenn es den Kuratoren Felicity Korn und Felix Krämer ein besonderes Anliegen war, sowohl männliche als auch weibliche künstlerische Positionen zu zeigen: "Deutlich weniger Künstlerinnen haben das Thema behandelt - vor allem im 19. Jahrhundert - was auch auf ihre Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten zurückzuführen ist", sagt Frau Korn.

Starke, aber blutrünstige Frauen
Die Ausstellung ist in zwei Teile gegliedert: 19. und 20. Jahrhundert. Im ersten Teil sind nur vereinzelt auch Werke von Künstlerinnen zu sehen, dafür umso mehr halbnackte bis nackte Frauen. "Wir hätten gerne mehr Männer gezeigt, auch unbekleidete", sagt Herr Krämer, "aber das gab die Kunst nicht her".


Jean Benner: Salome (um 1899), Foto: C. CLOS

So ist es relativ deprimierend als Frau durch den ersten Teil der Ausstellung zu gehen. Die Frauen hier stehen für Verführung, Sünde und Verderben. Da ist Eva, die für den Sündenfall verantwortlich gemacht wird, die männermordende Sphinx, als unbezwingbare Macht einer ins Verderben führenden Frau, einer Femme fatale. In der Reihe der blutrünstigen Frauen dürfen Salome, Klytämnestra und Judith natürlich nicht fehlen. Es tröstet ein bisschen, dass es sich bei all den Figuren um starke und selbstbestimmte Frauen handelt. Doch der Blick auf die Frauenkörper bleibt ein männlicher, der die Körper als Projektionsfläche für sexuelle Fantasien formt. So reckt die "Verwundete Amazone" von Franz von Stuck ihre Brust dem Betrachter entgegen. Nichtsdestotrotz könnte man dort Stunden verbringen, denn die Werke sind grandios, die Leihgaben erstaunlich.


Gustav Adolf Mossa: Sie (1905), Foto: Laurent Thareau

Die Eine
Dem Symbolisten Franz von Stuck ist gleich ein ganzer Raum gewidmet, der international als Malerfürst gefeiert wurde. Der griff gern tradierte Stoffe auf und schuf Porträts, in denen er verletzliche Männer mit gefährlichen Frauen konfrontierte. Gerade seine Werke verdeutlichen die wachsende Angst der Männer vor den zunehmenden Bestrebungen der weiblichen Emanzipationsbewegung. Doch welche neue Erkenntnis gewinnt man daraus? Und was für Ängste waren das, denen sich die Männer hingaben? Sie dämonisierten die Frauen und stellten sie in einer grausamen Überlegenheit dar, also völlig überzeichnet.


Jeanne Mammen: Frau am Kreuz (1908–1914), Foto: © 2016 Reschke, Steffens & Kruse, Berlin/Köln

Äußerst spannend und erbauend sind hier die Arbeiten der Künstlerin Jeanne Mammen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Sie thematisiert in ihren Arbeiten Rollenbilder, etwas das man zu jener Zeit nur bei ihren männlichen Zeitgenossen fand. Für ihre Auseinandersetzung mit dem Konflikt zwischen den Geschlechtern nahm sie häufig Männerfiguren als Ausgangspunkt. Da wird zum Beispiel in "Der Herzensstecher" Don Juan als brutale, Frauen-mordende Figur dargestellt.


Edvard Munch: Asche (1925), Foto: Munch Museum

Viele martialische Bilder
Ein ganzer Raum ist Edvard Munch gewidmet. Das ist einleuchtend, weil er sich wie seine Zeitgenossen mit dem weiblichen Rollenbild auseinandersetzte und einen kritischen Blick auf Frauen hatte. Auch zwei seiner Frauenakte sind zu sehen. Die greifen inhaltlich allerdings recht kurz im Vergleich zu den anderen Darstellungen und bleiben unerklärt.


Meret Oppenheim: Mein Kindermädchen (1936/1967), Foto: Moderna Museet, Stockholm

Auch im 20. Jahrhundert geht es brutal zu. Ein Raum ist dem Thema "Lustmord und Prostitution" gewidmet. Hier sind Bilder zu sehen, die Frauen als Opfer und Männer als Täter darstellen. Traumatisierte Männer kehrten aus dem Krieg zurück und trafen auf selbstbewusstere Frauen. Erfrischender wird es dann bei den Surrealisten. Nicht ohne Selbstironie greifen sie die Rolle der Frau auf und sprechen ihrer sexuellen und politischen Emanzipation eine wichtige Rolle zu.

Die Kuratoren verstehen den Konflikt zwischen den Geschlechtern als einen martialischen. So knüpft die düstere Ausstellung nicht nur optisch, sondern auch inhaltlich an die Schwarze-Romantik-Schau an, in der man auch ein aktuelles Thema aufgriff und es kunsthistorisch aufarbeitete. Dass das Thema Geschlechterrollen emotionalisiert, merkt man hier deutlich. Es scheint als wollten die Kuratoren den "Geschlechterkampf" nicht befrieden, sondern ihn lieber befeuern. Eine äußerst spannende, sehenswerte und diskussionsfreudige Ausstellung.

>> "Geschlechterkampf. Franz von Stuck bis Frida Kahlo", 24. November 2016 - 19. März 2017, Städel Museum, Schaumainkai 63. Mehr Informationen unter www.staedelmuseum.de.

Unser Foto oben zeigt Franz von Stucks "Adam und Eva".
 
24. November 2016, 10.51 Uhr
Tamara Marszalkowski
 
 
Fotogalerie:
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