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Foto: www.friedenskooperative.de
Foto: www.friedenskooperative.de

Aktivisten aus den USA in Frankfurt gelandet

Kampagne gegen US-Atomwaffen in der Pfalz

Eine Delegation von elf Friedensaktivisten ist aus den USA nach Frankfurt gekommen. Ihr Ziel: Der Abzug der Atomwaffen, die die USA im pfälzischen Büchel mit Billigung der Bundesregierung stationiert hat.
Luftlinie 130 Kilometer von Frankfurt entfernt, auf dem Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz, lagern 20 Atombomben der USA. Und die Bundesregierung heißt das gut. Während Anfang Juli 122 Länder bei den Vereinten Nationen in New York für einen Atomwaffenverbotsvertrag stimmten, nahm die BRD daran gar nicht erst teil. Selbstredend waren Atomwaffen beim G20-Gipfel in Hamburg auch nicht das Gesprächsthema. Die Vereinigten Staaten haben übrigens auch Atombomben in der Türkei, in der Niederlande, in Belgien und in Italien deponiert. Doch die rund 280 nuklearen Waffen entsprechen nicht mehr dem neuesten Stand, sie sollen laut einer Verfügung - noch unter Präsident Barack Obama - erneuert werden.

Während 122 Staaten sich also für Abrüstung stark machen, Atomwaffen somit ächten wollen, werden unter anderem die Atombomben in Rheinland-Pfalz bis 2024 durch neue, ab 2020 gebaute effizientere Waffen des Types B61-12 ersetzt werden. Es wird also aufgerüstet. Das ruft zahlreiche Friedensaktivisten auf den Plan. Am Mittwoch begrüßte Willi van Ooyen vom Bundesausschuss Friedensratschlag im Gewerkschaftshaus in Frankfurt aus den USA eingereiste Pflugschar-Aktivisten.

Die sogenannte Pflugscharbewegung wurde 1980 von katholischen Priestern und Nonnen ins Leben gerufen, die unter anderem Waffen mit ihrem eigenen Blut beschmierten, um im Kampf um Frieden durch zivilen Ungehorsam Zeichen zu setzen. Mittlerweile sind die Methoden vielfältiger und religionsunabhängig. Die elf Amerikaner wollen sich den rund 50 deutschen Friedensgruppen anschließen, die Ende März mit einer 20 Wochen währenden Protestaktion in Büchel begonnen haben. Bemerkenswert ist, dass von den elf US-Aktivisten sieben Teilnehmer insgesamt 36 Jahre in US-Gefängnissen verbracht haben – wegen recht kleiner Vergehen wie beispielsweise Landfriedensbruch. Denn auch in den USA protestieren sie, etwa dort, wo die Bomben industriell gefertigt werden.

„Die Bundesrepublik hat sich gehorsam den USA unterworfen“, prangert Lukas Wirl, von den Juristen gegen Atomwaffen an. Er hat den Verhandlungen in New York beigewohnt. In einem zehn Seiten langen Vertrag soll künftig der Besitz, die Androhung, die Herstellung, die Nutzung, die Annahme und Weitergabe sowie die Stationierung von Atomwaffen verboten sein, zumindest in 122 Ländern, sagt Wirl. Deutschlands verhalten sei jetzt schon völkerrechtlich illegal. „Mit der Modernisierung der Atomwaffen wird die Einsatzschnelle herabgesetzt“, warnt der Aktivist. Neue Bomben seien angeblich zielgenauer, würden digital funktionieren, was den Fallout berechenbarer mache. „Die Bundesregierung spricht vom Verantwortungübernehmen in der Welt, das Überleben der Menschheit scheint ihr aber egal zu sein.“ Sobald der Vertrag in den 122 Staaten ratifiziert sei, könne man bald von einem „Völkergewohnheitsrecht“ sprechen. Dann seien Atomwaffen genauso geächtet, wie derzeit chemische oder Bio-Waffen.

Bonnie Urfer war schon als Kind gegenüber den Schulübungen im Falle eines Atomkriegs skeptisch. Man habe sich unter den Tischen ducken sollen und darauf hingewiesen im Falle eines Fallouts zu duschen. „Das leuchtete mir schon als Kind nicht ein, ich wollte schon da Atomwaffen stoppen.“ Das militärische Budget der USA liege bei 700 Milliarden Dollar. „Wir haben in den USA so viele wichtige Themen: soziale Ungerechtigkeit, Klimawandel, Umweltschutz. Aber wir setzen lieber auf Atomkraft und genauso auf atomare Waffen. Die Bombe braucht nicht mal gezündet werden, sie tötet uns auch so“, sagt Urfer und bezieht sich auf Regionen in den USA die im Zuge des Atombombenbaus radioaktive Strahlung aufweisen. Mehr als 100 Mal sei Urfer verhaftet worden, sie hat sechseinhalb Jahre in Haft verbracht, „weil ich widerrechtlich Grenzen oder Linien übertreten habe oder mich verbotenerweise wo hingesetzt habe.“ Warum sie nicht vor der Polizei weggerannt sei, wird sie oft gefragt. Da lacht sie nur. „Die haben das Gandhi-Prinzip des zivilen Ungehorsams nicht verstanden. Ich will das System herausfordern.“ Alle Präsidenten, ob Barack Obama oder theoretisch Hillary Clinton, würden Atomwaffen befürworten. „Nur mit Donald Trump ist die Bedrohung umso offensichtlicher geworden!“. 12 Milliarden Dollar sollen die 280 neuen Atombomben in Europa kosten. Und dafür sollen die Bürger zahlen.

Bis zum 9. August, dem Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Nagasaki, wird die Aktionspräsenz am Flughorst Büchel gehen. Am 15. Juli ab 14 Uhr wird unter anderen Konstantin Wecker auftreten. „In der Friedensbewegung brauchen wir solche bunten Formen des Protests“, sagt Willi van Ooyen. „Ich habe in Hamburg erlebt, dass junge Leute wieder zuhören und sich interessieren. Der Gegengipfel war ein Beispiel dafür.“
 
13. Juli 2017, 09.27 Uhr
Nicole Brevoord
 
Nicole Brevoord
Jahrgang 1974, Publizistin, seit 2005 beim JOURNAL FRANKFURT als Redakteurin u.a. für Politik, Stadtentwicklung, Flughafen, Kultur, Leute und Shopping zuständig – Mehr von Nicole Brevoord >>
 
 
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