Newsletter
|
ePaper
|
Apps
|
Abo
|
Shop
|
Jobs
Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder

S&K-Prozess: Tag 3

Sind Prostituierte und schnelle Autos ein Tatbestand?

Zur Lesung der Anklageschrift ist es in der Verhandlung des Wirtschaftskrimis rund um das S&K-Unternehmen immer noch nicht gekommen, aber munter darüber diskutiert wurde schon mal. Immerhin.
Grundsätzlich finden Prozesse in Deutschland öffentlich statt, eine Geheimjustiz soll es nämlich nicht geben. Das heißt: Jeder darf im Allgemeinen bei Verhandlungen zuhören und weil das nicht jedem Interessierten möglich ist, dürfen die Medien als Kontrollorgan anwesend sein. Sie berichten über die Vorgänge im Gerichtssaal, erläutern auch Laien den Prozess, prangern, wenn nötig, Missstände an und zeigen der Öffentlichkeit, dass und wie das Justizsystem funktioniert. Letztlich soll am Ende ein Urteil stehen, das „im Namen des Volkes“ gefällt wird.

Wenn manche Gazette bei der Berichterstattung über beispielsweise den S&K- Prozess von einer „bizarren Anwaltsshow“ spricht, dann ist das eben genau der Anschein, den das Verfahren bislang bei manchem unbedarften Beobachter erweckt hat.

Eine derartige Berichterstattung aber gefällt nicht jedem der zahlreichen Verteidiger im S&K-Prozess, die bislang durch zahlreiche Anträge, juristische Spitzfindigkeiten und Störfeuer sowie vor allem durch einem scharfen bis respektlos erscheinendem Ton speziell gegenüber der Staatsanwaltschaft aufgefallen sind.

Auch die Medienschelte ist schwer en vogue – insbesondere bei einem der Verteidiger, nennen wir ihn Ulrich E. Der spricht von „Schweinejournalismus“, wenn vor Beginn der Verhandlung Bildaufnahmen von seinem Mandanten Stephan S., vielleicht ja so gar von ihm, erstellt werden.

Am Donnerstag war es gar nur ein Fotograf, der sich mit Teleobjektiv bestückt dezent im Hintergrund hielt und doch des Anwalts Unmut auf sich zog. Da, entfährt es Ulrich E., sei das US-amerikanische Rechtssystem zu loben, das seiner Annahme nach wohl besser sei, denn: „Hier wird Stimmung bei den Schöffen gemacht, die kaum mehr nachvollziehbar ist.“ Dass in den USA ganze Verhandlungen im Fernsehen übertragen werden, davon ist freilich keine Rede.

Richter Alexander El Duwaik jedenfalls lehnte den Antrag des Anwalts ab, das Fotografieren zu verbieten, den Persönlichkeitsrechten werde Genüge getan. Außerdem erklärte er, den Schöffen habe man nahegelegt, sich von einer etwaigen Berichterstattung unbeirrt zu zeigen, beziehungsweise sie zu ignorieren.

Und wer will sich über die Berichterstattung auch wundern? Immerhin wird Stephan S. (36) und Jonas K. (34), den Gründern des Frankfurter Unternehmens S&K, vorgeworfen, bandenmäßig etwa 11.000, teilweise recht gutgläubige, Anleger mit vollmundigen Renditeversprechen um insgesamt 240 Millionen Euro geprellt und „angelegtes Geld“ für ein luxuriöses Privatvergnügen ausgegeben zu haben.

Es gibt im Internet Videos von ausschweifenden Geburtstagspartys mit einer Nackten im Champagnerglas, einem Elefanten und einem Hubschrauber und vielen protzigen Autos. Auch wie man sich mit dem Geld der Anleger streichelt, zeigten die Angeklagten in skurrilen Videoaufnahmen eindrucksvoll. Nicht ganz zu vergessen sind auch die Polizeiaufnahmen von Geldsäcken, die sich in der Villa auf der Kennedyallee wiederfanden.

Ein freilich ganz anderes Bild bieten Stephan S. und Jonas K. im Gerichtssaal. Ordentlich gekleidet im Anzug mit Krawatte wirken sie fast – vielleicht bis auf das permanente Grinsen des einen und das unschuldige Lächeln des anderen – wie seriöse Geschäftsmänner. Jonas K. geht seinem Verteidiger sogar manchmal zur Hand, steht auf und überreicht dem Richter Unterlagen. Irritierend, weil er doch bis zum Erreichen des Gerichtssaals wie alle Angeklagten Handschellen tragen muss.

Auch am dritten Verhandlungstag wurde von der auf rund 1700 eingedampften Anklageschrift keine Seite verlesen. Aber am Inhalt wurde herumkritisiert. So würden in der Anklageschrift Mitangeklagte in einen Zusammenhang gestellt, der nicht zur Verhandlung stehe. Die Verteidiger forderten die Streichung, bzw. Auslassung der Passagen.

Ein Anwalt verglich die Anklageschrift in ihrer Länge und Komplexität gar mit dem Wald, den man vor lauter Bäumen nicht mehr sehe. Ferner wurde argumentiert die Schilderungen in der Anklageschrift seien redundant und überausführlich, sie würde Beweisführung beinhalten und überhaupt hätten Details wie Luxusreisen, Prostituierte, luxuriöser Lebensstil und schnelle Autos nichts in einer Anklageschrift zu suchen, das diene nur der Stimmungsmache.

Die Staatsanwaltschaft aber entgegnete, dass es sich bei den Ausführungen um einen Tatbestand handele und dass eine abstraktere Zusammenfassung dem Umfang der Taten nun mal nicht gerecht werde. Anwalt Ulrich E. wiederum hielt an seinem Thema fest und verwies auf die Prangerwirkung angesichts der Berichterstattung. Die Verhandlung wurde auf Freitag vertagt. Die Medien werden wieder berichten. Denn der Prozess ist öffentlich, auch wenn Herrn E. das nicht gefallen mag.
 
2. Oktober 2015, 11.45 Uhr
Nicole Brevoord
 
 
Fotogalerie:
{#TEMPLATE_news_einzel_GALERIE_WHILE#}
 
 
 
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Stadtleben
Mit Laufsteg eröffnet im Skyline Plaza ein Anbieter für Partykleidung, Schuhe und Accessoires. Zum Shoppen sind alle Menschen, unabhängig ihres Geschlechts, herzlich willkommen.
Text: Sina Claßen / Foto: red
 
 
 
 
 
 
 
Ältere Beiträge
 
 
 
 
18. April 2024
Journal Tagestipps
Pop / Rock / Jazz
  • Joel Ross
    Kunstverein Familie Montez e.V. | 21.00 Uhr
  • Ulrich Ellison & Tribe
    Wunderbar Weite Welt Eppstein | 20.00 Uhr
  • Matthias Strucken und Frank Haunschild
    Living Hotel Franfurt | 20.00 Uhr
Nightlife
  • Afterwork Clubbing
    Gibson | 22.00 Uhr
  • Play
    Silbergold | 23.59 Uhr
  • Alarmstufe Magenta
    Kulturclub schon schön | 23.00 Uhr
Klassik / Oper/ Ballett
  • Die Piraten von Penzance
    Staatstheater Mainz | 19.30 Uhr
  • Der Freischütz
    Hessisches Staatstheater Wiesbaden | 19.30 Uhr
  • 30 Minuten Orgelmusik
    St. Katharinenkirche | 16.30 Uhr
Theater / Literatur
  • Fiston Mwanza-Mujila
    Literaturhaus Frankfurt | 19.30 Uhr
  • Rapunzel-Report
    Stalburg Theater | 20.00 Uhr
  • Nicole Jäger
    myticket Jahrhunderthalle | 20.00 Uhr
Kunst
  • Cosima von Bonin
    Schirn Kunsthalle Frankfurt | 10.00 Uhr
  • Der Hase ist des Jägers Tod
    Museum Wiesbaden | 10.00 Uhr
  • Alte Handwerksgeräte der unterschiedlichen Handwerksberufe
    Handwerksmuseum | 15.00 Uhr
Kinder
  • Lichtspielplatz
    DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum | 11.00 Uhr
  • Frisch, Frosch, Frei
    Kulturcafé | 15.00 Uhr
  • Furzipups der Knatterdrache
    Theaterzelt an der Bockenheimer Warte | 16.00 Uhr
Freie Stellen