Newsletter
|
ePaper
|
Apps
|
Abo
|
Shop
|
Jobs
Foto: Lukas Gedziorowski
Foto: Lukas Gedziorowski

Bürgerentscheid: DFB oder Galopprennbahn

Direkte Demokratie mit Denkzettel

Beim Bürgerentscheid am 21. Juni geht es eigentlich nur um Pferde und Fußball, doch andere wittern die Gelegenheit, sich auch an der Politik rächen zu können. Wir haben da einen Idee für die Abstimmung.
Eigentlich kann man die Rennbahn-Debatte auf eine Frage bringen: Pferde oder Fußball? Um mehr geht es nicht. Auch wenn der Renn-Klub und die Bürgerinitiative Pro Rennbahn das behaupten: Es geht nicht um Geld, Beton, Landschafts- oder Tierschutz, nicht um Tradition, Schulbau oder Sepp Blatter. Nur um Pferde oder Fußball. Oder noch einfacher: Ja oder nein zur Rennbahn.

Doch einigen geht es um mehr: Von „Denkzetteln“ ist neuerdings die Rede auf manchen Plakaten zum Bürgerentscheid. Und da wird der Rennbahnabriss zusammen mit dem Fluglärm genannt. Die beiden haben nicht viel miteinander zu tun, außer dass Niederrad von beidem betroffen ist (eigentlich nicht mal das, die Rennbahn liegt im Stadtteil Sachsenhausen) oder sein wird. Aber die Rennbahn-Freunde fordern nun dazu auf, den Politikern, auch bekannt als „die da oben“, am Sonntag einen „Denkzettel“ zu verpassen.

Nun ist der Begriff nicht ganz klar: Soll der Zettel zum Denken auffordern oder entstammt er dem Denken? Sieht man sich manche Leserkommentare an, kann man letzteres ausschließen. Ein Leser ließ uns zum Beispiel wissen, dass seine Freundin gegen die Rennbahn stimmen werde, „weil diese selbstgerechten Politiker zwar 1,3 Millionen Steuern von Hundehaltern kassieren, aber 20.000 Euro für kostenlose Scheißtütchen gestrichen hat.“ Das ist natürlich ein Argument. Hat zwar nichts mit Pferden zu tun, nicht mal mit Pferdeäpfeln, aber ein Mangel an Argumenten hat auch die Rennbahnfreunde nicht davon abgehalten, für ihre Sache zu kämpfen.

Und dafür war ihnen bisher auch kein Mittel oder Verbündeter zu schade: Weder der windige PR-Mann Jürgen Aha noch der Ex-Freie Wähler, Ex-AfDler und „Bürger für Frankfurt“ Wolfgang Hübner. Am Donnerstag kam die jüngste Verzweiflungstat: Da haben die Rennbahnfreunde zu einer letzten Pressekonferenz vor dem Bürgerentscheid eingeladen. Stattgefunden hat sie im Römischen Salon des Grandhotels Hessischer Hof. Die aufwendig gemalte Oldschool-Tapete war wirklich beeindruckend. Für sie allein hat sich der Besuch gelohnt. Sonst wurde eher eine Revue des Altbekannten gegeben. Im Begleitprogramm traten zwei Architekten auf: Michael Landes und Michael Schulnick. Der Renn-Klub hatte beide damit beauftragt, mal zu prüfen, ob sich die DFB-Akademie auch woanders realisieren ließe. Und wie der Zufall oder das Schicksal es wollte, sind beide zu der Erkenntnis gekommen, dass es ginge. Landes würde die Akademie gerne in der Bürostadt sehen, Schulnick am Stadion. Und zum Beweis der Machbarkeit haben beide sogar Skizzen von Hochhäusern gezeichnet. Schulnick sogar mit Lineal, Landes eher so dahingerotzt – aber für mehr war das Budget wohl zu dünn. Aber das ist mal wieder so eine böse Unterstellung. Denn Landes beteuerte, der Rennbahn emotional verbunden zu sein, seit er schon als Kind den Pferden zugeschaut hat – man kennt das ...

Am Ende hatte man den Journalisten einiges zu denken gegeben: Was sollte das Ganze? War das Satire? Und warum gab es nichts zu essen? Ist etwa das ganze Wahlkampf-Budget für diese höchst undekorative Stadtplakatierung draufgegangen? Angeblich soll die 170 000 Euro gekostet haben. Und was kostet es wohl, sein Wohnzimmer mit so schönen Tapeten verzieren zu lassen? Grübelnd verstreute sich die „schreibende Zunft“, die sich vor kurzem noch vom Rennklub anhören musste, wie sie ihren Job zu machen hat.

Wir vom JOURNAL FRANKFURT haben nun einen Rat für Sie, liebe Leser: Wenn Sie am Sonntag den Schweizer in sich wecken und mit „ja“ abstimmen sollten, schreiben sie doch bitte auch gleich dazu, warum. Schreiben Sie sich Ihren Frust von der Seele, über den Fluglärm, die Landebahn, die Altstadtbebauung, die Fifa und Sepp Blatter, die WM-Feier auf dem Römerberg, die Homo-Ehe, die Islamisierung des Abendlandes oder Tüten für Hundeexremente. Zeigen sie „denen da oben“ ruhig einmal, dass sie sich nicht gefallen lassen, dass die einfach so tun können, was sie wollen. Jedenfalls nicht, ohne dass sie hinterher von ihrer Meinungsfreiheit Gebrauch machen. Sie können den Stimmzettel auch dafür nutzen, alternative Standorte vorzuschlagen. Und falls Ihnen keiner einfällt, gehen Sie mal mit gutem Beispiel voran und geben Sie etwas von ihrem Garten oder Acker für die DFB-Akademie her.

Diese Denkzettel werden vom Wahlamt aussortiert und dem Oberbürgermeister persönlich gebracht. Der wird von einem paritätisch zusammengestellten Wutbürgerrat dazu gezwungen, alle zu lesen, dazu Stellung zu nehmen und über jeden einzelnen Punkt einen Bürgerentscheid zu veranlassen. Schweizer Verhältnisse im Römer wären das. Dann wäre die Stadt zwar schnell pleite, weil so eine Abstimmung jeweils eine Million Euro kostet, aber dann hätten wir wenigstens echte Demokratie. Aber vielleicht kann die Stadt dann, wenn alle ihre Liebe zu den Pferden entdeckt haben, endlich Profit aus der Rennbahn schlagen. Also vergessen Sie bitte nicht, sich Karten für den nächsten Renntag zu kaufen.
 
19. Juni 2015, 11.57 Uhr
Lukas Gedziorowski
 
 
Fotogalerie:
{#TEMPLATE_news_einzel_GALERIE_WHILE#}
 
 
 
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Stadtleben
Die Außenstelle der Robert-Koch-Schule in Höchst wird seit über einem Jahr renoviert. Schüler müssen deswegen ausweichen, ein Neubau könnte frühestens 2029 stehen.
Text: Florian Aupor / Foto: Robert-Koch-Schule in Frankfurt Höchst © Adobestock/sehbaer_nrw
 
 
 
 
 
 
 
Ältere Beiträge
 
 
 
 
20. April 2024
Journal Tagestipps
Pop / Rock / Jazz
  • The Nina Simone Story
    Frankfurter Hof | 20.00 Uhr
  • The Musical Box performs Genesis
    myticket Jahrhunderthalle | 20.00 Uhr
  • Nacao Zumbi
    Brotfabrik | 20.00 Uhr
Nightlife
  • 1001 Queer Oriental Night
    Orange Peel | 23.00 Uhr
  • Gibson loves Saturdays
    Gibson | 23.00 Uhr
  • KukiDance
    Lilium | 21.00 Uhr
Klassik / Oper/ Ballett
  • Heute Abend: Lola Blau
    Theater im Palast | 19.30 Uhr
  • Öffentliche Probe
    Hochschule für Musik und Darstellende Kunst | 19.00 Uhr
  • Orchester hautnah
    Neue Kaiser | 15.00 Uhr
Theater / Literatur
  • Das dreißigste Jahr
    Freies Schauspiel Ensemble im Titania | 20.00 Uhr
  • Die Ehe der Maria Braun
    Schauspiel Frankfurt | 19.30 Uhr
  • Elvis – Das Musical
    Alte Oper | 20.00 Uhr
Kunst
  • Homo sapiens raus! Heimspiel für Greser & Lenz
    Kunsthalle Jesuitenkirche | 10.00 Uhr
  • Heilige Räume – Neue Konzepte
    Haus am Dom | 11.00 Uhr
  • Laura J. Padgett
    Jüdisches Museum | 10.00 Uhr
Kinder
  • Ein Schaf fürs Leben
    Kinder- und Jugendtheater Frankfurt | 16.00 Uhr
  • Swingin'
    Theaterhaus | 18.00 Uhr
  • Der Mistkäfer
    Staatstheater Mainz | 10.00 Uhr
und sonst
  • Wein am Main
    Goethe-Universität, Casino | 12.00 Uhr
  • Green World Tour Frankfurt
    myticket Jahrhunderthalle | 11.00 Uhr
  • | Uhr
Freie Stellen