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Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder

Kolumne von Ana Marija Milkovic

Sind wir nicht alle ein bisschen BER?

Wenn Frankfurt ein hartes Pflaster ist, dann ist Berlin ein großer, herrenloser Koffer, der irgendwann weg ist. Sie können uns nicht folgen? Dann lesen Sie mal die Kolumne von Ana Marija Milkovic.
Frei nach dem Dichter Otto Reutter gilt in Berlin: „Ick wundre mir über jarnischt mehr!" Meine Idee, an einem Sonntagnachmittag auf der verrammelten von Dreck gesäumten Münchner Straße in Frankfurt zu flanieren, war Grund für eine Ausnahme genug. Mein Besuch ist zurück in Berlin und wundert sich. Gestern erhielt ich eine Nachricht von Axel. Er übersandte mir einen Artikel des Berliner Tagesspiegels mit einem Plädoyer für mehr Wow. In diesem Text steht in den Worten Platons beschrieben: Das Staunen ist die Einstellung eines Mannes, der die Weisheit wahrhaft liebt, ja es gibt keinen anderen Anfang der Philosophie als diesen. Ich stellte heute fest: Wir sind Ritter!

Warum? Ein Mann stand kürzlich im Ritterkostüm am Bahnsteig in Berlin und niemand beachtete ihn! Würde uns in Frankfurt ein Ritter begegnen, hätte der uns gerade noch zu unserem Glück gefehlt. Berliner dagegen lenken den Blick nach innen und wirken cool dabei. Das erklärt auch ihren Umgang mit Berlin Schönefeld. Für alle, die es nicht wissen: BER könnte der Flughafen in Schönefeld sein, wenn Berliner nicht schon damit begonnen hätten, ihn im Inneren wieder abzubauen. Das ist logisch. Wenn ich über Jahre meinen Koffer unbeaufsichtigt in einem nicht in Betrieb genommenen Terminal stehen lasse, ist er dann auch einmal weg.

Vielleicht ist Berlin auch nur ein großer Koffer und eines morgens samt Inhalt weg. Weg könnte manches Belastende mehr sein. Mich wundert jedenfalls nicht, dass nun in Berlin eine neue Bewegung ihren Anfang genommen hat: Die Entschleunigung. Diese Entschleunigungswelle ist als Gegenreaktion auf die Digitalisierungswelle gedacht. Warum dann aber nicht gleich Tabula Rasa?

Zum hundertjährigen Tod Filippo Tommaso Marinetti wäre es an der Zeit den Blick back to the roots nicht nach innen, sondern in die Zukunft zu lenken. Futurismus heißt eine Bewegung, die zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts mit Marinetti ihren Anfang nahm. Marinetti entwarf ein Manifest in Auflehnung gegen den „fanatischen, unverantwortlichen und snobistischen Kult der Vergangenheit“. Marinetti, Boccioni oder St. Elia forderten dazu auf, Exponate der Kunst zu zerstören, Museen zu fluten, kurz alles Konservierende zu vernichten. Weitergedacht würden kleine miniaturisierte Exponate anstelle von Originalen ausgestellt. Das Museum wäre eine aufklappbare Schachtel, das sich zusammenhängend mehr dem Werk als dem einzelnen Exponat widmet ginge auf Duchamps Konzept zurück, ein Werk chronologisch zu reproduzieren und im verkleinerten Maßstab zu präsentieren. Anstelle ständig zu erweitern ließe sich so zukünftig platzsparend miniaturisieren.

Leben wir nicht alle ein bisschen wie in BER? Entwickeln, planen und bauen wir nicht kontinuierlich am notwendigen Bedarf vorbei? Warum dann nicht den Schwarzen Freitag vorwegnehmen, alles vernichten, um Platz für Neues zu schaffen? An der Müllverbrennungsanlage finden wir uns dann zum architektonischen und künstlerischen Nullpunkt wieder.
 
17. September 2014, 11.31 Uhr
Ana Marija Milkovic
 
 
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