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FAZ-Herausgeber geehrt

Abschied von Frank Schirrmacher in der Paulskirche

Bundespräsident Joachim Gauck kam ebenso wie die haute volée der deutschen Verlagsszene: Bei einer Gedenkfeier in der Paulskirche wurde des verstorbenen FAZ-Herausgebers Frank Schirrmacher gedacht.
Zunächst mal ist man überrascht: Ein ganz schön großer Bahnhof, den die Stadt da zusammen mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung aufgefahren hat. Ja, hier wird einem der Großen dieser Stadt gedacht. Heute wäre er, erst, 55 Jahre alt geworden. Oberbürgermeister Peter Feldmann wird später in seiner Rede vom Scharfsinn, von der Fähigkeit zur Analyse von der Sprachmacht sprechen, die Frank Schirrmacher ausgezeichnet habe. Natürlich vergisst der Sozialdemokrat nicht, darauf hinzuweisen, dass grade dieser Ort, nämlich die Frankfurter Paulskirche vom republikanisch-bürgerlichen Geist geprägt sei und die Bürgergesellschaft einen "würdigen Vertreter" in dem Journalisten gefunden habe. Sein Kollege, Holger Steltzner, erinnert an die Gründungsausgabe der FAZ und zitiert einen bedeutenden Satz: "Journalismus ist für uns die schwierigste, schrecklichste, aufregendste, herrlichste Sache von der Welt. Aber auch für uns wird er seelenlos, wenn er um seiner selbst willen betrieben wird. Wir möchten noch einiges mehr als nur eine gute Zeitung machen. Wir möchten in einer Zeit, in der die Freiheit keineswegs allein durch die Diktatoren, sondern ebenso durch Vermassung, durch Trägheit und Unduldsamkeit bedroht ist, das lebendige Gefühl für dieses kostbarste aller irdischen Güter entfachen." Schirrmacher habe diese Verkündigung gelebt, so Steltzner. Und Dieter Graumann, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, ergänzt in seiner Rede: "Unser Land hat einen feuerköpfigen Vordenker, einen titanischen, grandiosen Debatten-Anstoßer, Debatten-Erfiner, Debatten-Aufmischer, Debatten-Präger verloren - und einen gewiss genialen Schreiber ohnehin."

Haben wir schon erwähnt, dass diese salbungsvollen Worte längst nicht die letzten waren, sondern Literaturwissenschaftler Hans Ulrich Gumbrecht auch noch sprach? Gottseidank nicht Gauck (dürfen wir das schreiben, so despektierlich?) Dürfen wir das Foto vom Gauckmobil twittern und dazu schreiben: "Chefkarre"? Einige Leser meinen, wir seien damit zu weit gegangen. Ernste Sache, so eine Gedenkfeier. Ist sie aber gar nicht. Die Medienszene ist da, Gruner-und-Jahr-Chefin Julia Jäkel kommt mit Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, Springer-Vorstand Matthias Döpfner parliert mit FAZ-Herausgeber Werner D'Inka, Oskar Lafontaine und Sarah Wagenknecht von der Linken stecken die Köpfe zusammen und lächeln mal hierhin und dorthin, Dieter Graumann und Kulturdezernent Felix Semmelroth lachen plötzlich befreit auf, nein - eine Gedenkveranstaltung sollte eigentlich nichts Gedrücktes haben, es sollte wirklich eine Gedenkfeier sein. Und so möchte man doch sagen und schreiben dürfen: Spart Euch ein paar Reden, redet lieber ein bisschen mehr miteinander über diesen wunderbaren Menschen, den Frankfurt und Deutschland verloren hat, das anekdotische ist doch ohnehin erfrischend unpathetisch. Es ist irgendwie schade, dass es 2014 immer noch solch getragene Veranstaltungen gibt, um sich zu erinnern. Vorne haben sie ein Schwarz-Weiß-Foto des Herausgebers hingestellt, dahinter einen hässlichen Blumenschmuck. Man fragt sich, ob das nun alles ist was bleibt. Und dann der rettende Gedanke. Natürlich nicht, natürlich nicht, es sind seine Texte, selbst seine Tweets, seine Einmischungen und ja, auch seine genialen Momente, die wir in Erinnerung behalten werden. Und die ihn, solange wir leben, in unseren Köpfen lebendig halten werden. Das ist der wirklich überraschende Gedanke an diesem Freitagmorgen in der Frankfurter Paulskirche. Vielleicht hätte man einfach ein Best-of seiner Texte lesen sollen. Die haben Esprit - und hätten hernach zu Diskussionen angeregt.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Textes schrieben wir davon, dass Bundespräsident Gauck eine Rede hielt. Dies ist nicht richtig. Er hat der Veranstaltung nur beigewohnt.
 
5. September 2014, 12.12 Uhr
Nils Bremer
 
 
Fotogalerie: Gedenken an Frank Schirrmacher
 
 
 
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