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Foto: Leopold Museum, Wien
Foto: Leopold Museum, Wien

Schirn zeigt "Richard Gerstl. Retrospektive"

Österreichs erster und unbekanntester Expressionist

Die Schirn Kunsthalle zeigt eine Retrospektive Richard Gerstls: Ein Maler, der es selbst posthum schwer hatte für sein überschaubares Lebenswerk wertgeschätzt zu werden. Dabei ist er Österreichs erster Expressionist.
Zwei Ausstellungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Die eine zeigt René Magritte als einen malenden Philosophen und beschäftigt sich ausschließlich mit seiner malerischen Reflektion theoretischer Konstrukte. Von seiner Person und seinem Charakter erfährt man recht wenig. Sie beleuchtet einen extrem populären Künstler, den fast jeder schonmal gesehen hat. Die andere Ausstellung ist in vielen Punkten gegensätzlich. "Richard Gerstl. Retrospektive" zeigt einen eher erfolglosen Künstler, der zu seiner Lebzeit kein einziges Mal ausgestellt hat. In dieser Ausstellung erfährt man viel von dem Künstler als Menschen.

So kurz Gerstls Leben war, so intensiv hat er es gelebt. Man könnte es sich wahrlich als Stoff für einen Hollywood-Film vorstellen. Ein begabter Junge, der mit 15 Jahren an der Wiener Akade­mie der Bilden­den Künste angenommen wird. Der jedoch schon bald wieder die Schule verlässt, weil er überall aneckt. Gerstl ist nicht nur ein Rebell an der Akademie, sondern widersetzt sich stilistisch und inhaltlich auch der Wiener Secession. Er lehnt ihren Schönheitsbegriff ab und bekennt sich zu einer Ästhetik des Hässlichen. Nach seiner Rückkehr an die Akademie wird er in den Kreis des Komponisten Arnold Schönberg aufgenommen. An der Akademie hat er einen Freund und einen Professor, der von seinen Arbeiten angetan ist. Doch auch das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler wird wieder schwieriger. Nachdem Gerstl einen Beschwerdebrief an das „Minis­te­rium für Cultus und Unter­richt“ schreibt, wird er aus der Akademie hinausgeworfen.

Vielversprechender Anfang, tragisches Ende
Gerstl bleibt recht isoliert in seiner Einsamkeit, die wahrscheinlich nicht nur dem künstlerischen Unverständnis entspringt, die ihm seine Umwelt entgegenbringt. Auch als Person wird er als zurückhaltend und launisch beschrieben. Allein mit seinem Bruder versteht er sich gut. Nachdem Gerstl den Komponisten Arnold Schönberg und dessen Frau Mathilde kennenlernt, entspinnt sich eine Liebschaft zwischen Gerstl und Mathilde Schönberg. Er erteilt den beiden privaten Malunterricht. So ist sie auch das häufigste Motiv in seinem Werk.

Seine Darstellungen von Mathilde sind zurückhaltend, leidenschaftslos und passiv. Sein letztes Gemälde zeigt eine nackte Mathilde in seinem Atelier. Das Bild ist expressiv-abstrakt und entstand wahrscheinlich wenige Tage vor seinem Tod. Sein überschaubares Oeuvre gipfelt in diesem radikalen Schlusspunkt. Denn nachdem Mathilde zu ihrem Mann zurückkehrt (und er sie nebenbei darauf verlässt), und es zum Bruch mit dem Schönberg-Kreis kommt, ersticht und erhängt sich der 25-jährige Gerstl ohne Vorwarnung 1908 in seinem Atelier.

In seinem kurzen Leben Griff Gerstl seiner Zeit voraus. Manche seiner Bilder weisen einen hohen Abstraktionsgrad auf. Aufgeraute Oberflächen und Spuren des Pinselstiels verweisen auf eine gestische Aktionskunst. Sein Gruppenbildnis mit Schönberg, auf dem die Familie Schönberg zu sehen ist, kann als Vorläufer des österreichischen Expressionismus gelten. Erst nach 1945 wurde Gerstls Bedeutung erkannt und geschätzt. Auch wenn er bis heute der unbekannteste Vertreter der österreichischen Expressionisten geblieben ist. Vielleicht ändert sich das jetzt durch die Ausstellung in der Schirn.

>> "Richard Gerstl. Retrospektive", 24. Februar - 14. Mai 2017, Schirn Kunsthalle, Römerberg. Mehr Informationen unter www.schirn.de.

>> Katalog zur Ausstellung, erschienen bei Hirmer, München, Festeinband, 192 Seiten, Preis 32 Euro.
 
24. Februar 2017, 10.30 Uhr
Tamara Marszalkowski
 
 
Fotogalerie:
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