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Foto: Detlef Kinsler
Foto: Detlef Kinsler

Oliver Leichts Opus Magnum

Auch mal schwere Kost

Oliver Leicht ist Mitglied der hr-Bigband, leitet eigene Ensembles und bringt nun am Samstag seine „Movements To Hear And See“ mit Musik und Tanz in Rüsselsheim auf die Bühne.
Man hätte es nicht zu fragen gewagt und dann steht es ganz offensiv in der Künstlerbiografie: Oliver Leicht, der in Nauheim aufwuchs, lernte zunächst Blockflöte, nicht im Schulunterricht, sondern auf der Volkshochschule. „Mit 7,8 gehörte das dazu“, erzählt Leicht. Da spielte er Kinderlieder. „Mit 10 kannst du dir ein richtiges Instrument aussuchen“, versprachen die Eltern. „Erst viel später habe ich dann gemerkt was die barocken Meister aus so einem Holzstängel herauszukitzeln vermochten. Das ist schon sehr beeindruckend.“ Da er anders als die meistem Schüler die Blockflöte nicht hasste, gab es auch keinen Widerstand, keine Flucht zu E-Gitarre oder Schlagzeug. „Mein Vater kam eines Tages nach Hause, stellte ein Köfferchen neben mir ab, sagte, da ist eine Klarinette drin, morgen ist Unterricht, probiere es mal aus. Bingo, das war’s ...“ Seine pubertäre Ablehnungsphase lebte der gebürtige Groß-Gerauer dann komplett in der Klassik aus. Zwar hatte er sich mit 14 auch ein Saxophon gekauft, um Popmusik- und Schülerband-kompatibler zu sein. Aber was da raus kam, überzeugte ihn nicht. Sein Abenteuer hieß Jungstudienplatz parallel zum Gymnasium. „Einmal die Woche mit dem Zug zum Professor nach Köln, das war für mich was ganz Tolles.“ Seine Faszination für das Rohrblattinstrument konnte er erst viel später formulieren. „Ich mag das Warme, den dunklen deutschen B-Klarinettenklang und weil sie unter den Holzblasinstrumente eine Riesen-Range (sprich Klangbandbreite) abdeckt, sowohl tief als auch sehr hoch schön klingt.“

Wer bei Klarinette automatisch Klezmermusik assoziiert, das Lachen, Weinen, Jauchzen und Schluchzen des Instrumentes beim Nachahmen der menschlichen Stimme, stößt beim 44-Jährigen auf wenig Begeisterung. „Das ist relativ konträr zu meiner Klangvorstellung.“ Auch der Balkan ist nicht sein Terrain. Jazz wurde seine Leidenschaft, seine Sozialisation fand in Big-Bands statt, sein Weg führte ihn von der Bigband der Immanuel-Kant-Schule in Rüsselsheim über das Landesjugendjazzorchester Hessen und das Bundesjugendjazzorchester in solch unterschiedliche Klangkörper von legendären Leitern wie Paul Kuhn, Peter Herbolzheimer, Bob Brookmeyer und Ed Partyka. Vom Glenn Miller-Swing über den Jazz-Rock der Rhythm Combination & Brass zum Jazz-Orchester. Seit 2005 ist Leicht Mitglied der hr-Bigband. Seit der US-Amerikaner Jim McNeely Chefdirigent in Frankfurt ist, hat das Orchester an Reputation gewonnen, traut sich an extravagante Projekte heran, gewinnt ECHO Jazz-Awards, tourt mit Vokalstars wie Rebekka Bakken. „Zusammen unterwegs zu sein ist für die bandinterne Beziehungshygiene einfach super. Wie ein Betriebsausflug auf dem man auch mal Zeit hat, sich länger zu unterhalten“, schwärmt Leicht. Da gibt es dann keine Grüppchenbildung, „nur eine Truppe an der Bar, nämlich alle.“ Ein homogener Haufen.

Das Ensemblespiel ist das eine und wenn auch all die tollen Solisten bei der hr-Bigband mehr Raum denn je für Features bekommen, entwickeln Musiker wie Oliver Leicht den Ehrgeiz, Eigenes zu entwickeln. So gehört der Bläser zum Line Up von [re:jazz] lotet mit der israelischen Sängerin Efrat Alony die Poesie von Singer/Songwriter-Jazz aus, experimentiert elektronisch mit A Coral Room, ist Leader eigener Formationen wie der Herrenrunde oder Acht. Der Schritt zum Arrangeur und Komponist war für ihn ein „Automatismus“. Vor den ersten Aufnahmen mit seinem Oktett 2006 hatte er „großorchestrale Klänge“ im Sinn, die es in Minimalbesetzung umzusetzen galt. Eine echte Aufgabe. „Mit dem was ich heute mache habe ich erst Ü30 angefangen“, outet sich Leicht als Spätentwickler. Als The Police im Oktober 1981 in Rüsselsheim dem „Ghost In The Machine“ nachspürten, hat ihn das nicht interessiert. „Als die ganz Hippen aus meinem Abi-Jahrgang ins Omen gefahren bin, habe ich das auch verpennt.“ Ob Pop oder Elektronik, Leicht hat seine eigenen Zugänge gefunden. Wenn nun am 20.9. seine „Movements To Hear And See“ im Theater Rüsselsheim aufgeführt werden, ist das eine „Musik für Jazz Orchestra, Tanz und Elektronik“ und kommt seinem Ideal eines Mischklanges, akustisch wie elektronisch, arrangiert und improvisiert, Ensemble- sowie Solospiel so nah wie nie. Romy Schwarzer und Ursula Nill setzen die vom Lucerne Jazz Orchestra interpretierte Musik zudem tänzerisch um. Für ein interdisziplinäres Erlebnis.

>>„Movements To Hear And See“, 20.9., 20 Uhr, Rüsselsheim, Theater Rüsselsheim
 
19. September 2014, 11.19 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
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