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Frischmilch, gedimmtes Licht und mehr

Was Rock- und Pop-Musiker für Wünsche an die Stadthalle Offenbach hatten

Zum 50-jährigen Jubiläum der Stadthalle Offenbach zeigen wir Einblicke in die Bühnenanweisungen von Musikern wie AC/DC, Kiss, Udo Jürgens und Co. Eine Gruppe kam ganz ohne Alkohol aus, wollte aber frische Milch.
Vor Konzerten versenden die Veranstalter damals wie heute ihre Bühnenanweisungen. Sie regeln den Auf- und Abbau ebenso wie das Catering, die Technik, die Ausstattung der Garderobe und vieles mehr.

Während solche Dokumente heute 15 Seiten und mehr umfassen, kam man in den 70er- und 80er-Jahren mit zwei bis vier Seiten aus. Dabei spielen die leiblichen Genüsse eine wichtige Rolle, und wie sich zeigt, steht neben Alkoholika jeglicher Art auch Frischmilch bei Rockern hoch im Kurs. Hingewiesen wurde auch auf Blumen in der Garderobe – oder Bomben auf der Bühne.

Die Vorgaben gelte es „peinlich genau“ einzuhalten, hieß es häufig; sonst sei womöglich das gesamte Konzert gefährdet. Zu den typischen Forderungen gehörte, dass ein Elektriker den ganzen Tag auf Abruf bereit steht, dass die Bühne auf beiden Seiten beleuchtete Treppenaufgänge bietet und dass sich beim Soundcheck außer dem Arbeitspersonal niemand in der Halle aufhalten darf. Ansonsten gab es sehr individuelle Wünsche, wie diese alphabetische Auflistung zeigt.


AC/DC (1978)
Die australischen Hardrocker starteten früh in den Tag: Das Abladen begann um 10 Uhr, dafür ordern sie „10 kräftige Helfer“. Das Catering für Technik und Vorgruppe – übrigens eine Band namens Judas Priest, die 1986 als Top-Act nach Offenbach zurückkehrte – fiel mit je einem Kasten Bier spartanisch aus. Für sich selbst bestellte die Band „2 Fl trockenen Weißwein, 3 Fl Black Label Jack Daniels, 1 Stange Benson & Hedges, 4 Kasten Bier“ sowie „reich garnierte Sandwiches“.

BAP (1982)
Bei den Kölnern startete der Aufbau erst ab 14 Uhr: Benötigt werden „4 (vier) ausgeruhte, kräftige, nüchterne und qualifizierte Helfer“ ab 16 Jahren. Passend zum Image fiel die Verpflegung von Wolfgang Niedecken & seinen Mitspielern rustikal-bodenständig aus: Zunächst gab es 24 Dosen Pils, ab 18 Uhr folgten 36 weitere, aber auch fünf Flaschen „Zehnfruchtsaft“, viel Tee („an Zucker und Zitronen denken!“) und kalte Platte. „Zwischen 18 und 20 Uhr musste jemand bereitstehen, der warme Mahlzeiten holt: „kein Junk Food!!“ Weitere Forderungen waren beheizte Garderoben und eine unbestuhlte Halle.

Black Sabbath (1983)
Die Heavy-Metal-Band um Frontmann Ozzy Osbourne schleppte auf vier Lastwagen einiges mit nach Offenbach: Der Aufbau startete bereits um 9 Uhr, wofür „12 nüchterne, qualifizierte, möglichst Englisch sprechende Helfer“ bestellt wurden. Weitere Anweisungen: „Wir benötigen pro Show-Tag 150 kg Trockeneis“, außerdem schlappe 50 Handtücher(„mindestens einmal gewaschen“) und, für alle Fälle, zwei Feuerlöscher – auf Wunderkerzen sei besonders zu achten, auch während des Konzerts. Auf den zweieinhalb Seiten findet sich noch ein Hinweis zu den Garderoben: „Bitte mit Blumen und Tischdecken etwas nett gestalten.“ Für ihre Verköstigung sorgte die Band offenbar selbst.

Chuck Berry (1978)
Der Rock’n’Roll-Pionier kam mit knapp zwei Seiten Anweisungen aus und benötigte eigentlich nur „4 Liter Orangensaft bester Qualität“ sowie ein Grand Piano auf der Bühne.

Dire Straits (1979)
Auf der Liste der britischen Rockband finden sich unter anderem „10 kg Mundeis“, 8 Liter frisch ausgepresster Orangensaft, vier Flaschen sehr guten Weins, zwei Kisten Bier – und 16 Liter Frischmilch für die Techniker. Im Vordergrund steht der Wunsch nach bester Qualität, der in dem Appell gipfelt: „NICHT QUANTITÄT, SONDERN QUALITÄT IST MASSGEBEND.“

Iron Maiden (1998)
Die Heavy-Metal-Formation suchte in Offenbach vier Personen, die kurz maskiert in der Show auftreten: „Diese möchten sich bitte ab 16 Uhr beim Lichttechniker melden.“ Auch sonst zeigten die Musiker kaum Berührungsängste und wünschten – anders als viele Kollegen - nur dann Absperrgitter, wenn die Bühne niedriger als 1,20 Meter sei. Das Catering übernahmen eigene Leute aus England.

KISS (1976)
Die US-Rocker geizten nicht mit Sonderanforderungen: Sie bestellten 120 Kilo Trockeneis, eine Konfettimaschine (85 kg) über der Bühne sowie je zwei Besen und Mops zum Aufwischen. Hinzu kamen vier Feuerlöscher, denn die Show beinhaltete „spezielle Feuerwerks- und Explosionseffekte“. Daher lud der Veranstalter das örtliche Feuerwehrkommando um 15 Uhr zu einer Demonstration in die Halle. Fürs Catering orderten die Musiker nur je eine Kiste Cola und Bier sowie 10 Liter Frischmilch. Die Vorgruppe erhielt zwei Kisten Bier – es handelte sich um eine Formation namens „Scorpions“…



Kool & the Gang (1982)
Für die Soul- und Funkspezialisten gab es ein Catering mit viel Milch und Saft, dafür ganz ohne Alkohol, Schweinefleisch und „Stinkkäse“. Hier stand erstmals ein Bügeleisen samt –brett sowie Nähzeug auf der Wunschliste.

Marius Müller-Westernhagen (1983)
Der deutsche Rockmusiker gab keinerlei Hinweise zum Catering: Die Band sei Selbstversorger und benötige nur eine Garderobe mit Kochmöglichkeit. Dennoch kamen drei Seiten mit genauesten Anweisungen zusammen, von der Absperrung – „bitte verwenden Sie nur Hamburger Polizeigitter“ – über Bühnenplan-Skizzen bis hin zur etwaigen Räumpflicht für den Bühneneingang bei Schnee und Glatteis (der Auftritt in Offenbach war im Mai).

Scorpions (1982)
Zum Haupt-Act avanciert, gingen die Rocker aus Hannover offenbar bis zum Äußersten – jedenfalls orderten sie ein Sauerstoffgerät mit Maske, das ab eine Stunde vor Konzertbeginn bis zum Ende der Veranstaltung auf Standby zur Verfügung stehen musste. Ansonsten wurden die Aufbauhelfer gebeten, sich nicht an der Verpflegung der Musiker und Techniker zu vergreifen.

Udo Jürgens (1979)
Der Musiker wünschte 12 Stühle auf der Bühne – den Flügel brachte er selbst mit – , eine „Bügelfrau mit Bügeleisen und Brett“ sowie für sich „2 Flaschen trockenen Weißwein, ungekühlt“; Musiker und Chor bekamen Antialkoholisches. Insgesamt mochte es Jürgens offenbar wohltemperiert: Alle Klima- und Lüftungsanlagen seien auszuschalten.

Udo Lindenberg (1983)
Der Sänger forderte ebenfalls, schon im allerersten Satz, dass die Lüftung „auf keinen Fall eingeschaltet werden darf“ und erklärte auch, warum: Die Musiker seien auf der Bühne so nassgeschwitzt, dass jede kalte Luftbewegung eine hohe Erkältungsgefahr und eine starke Gefährdung der Stimmbänder mit sich bringen würde. Klare Worte prägten auch die folgenden Anweisungen: „Die Pünktlichkeit der Aufbauhelfer wäre wieder einmal eine angenehme Überraschung“ – offenbar gab es hier auf der Tournee schlechte Erfahrungen. Für die 15 Techniker sollten ab 18 Uhr („nicht vorher!“) zwei Kisten Dosen-Bier bereitstehen („WARNUNG: Für Mundraub der Aufbauhelfer gibt es Selbstjustiz“). Ab 24 Uhr folgen noch belegte Brötchen mit einem Wunsch: „keine schlimme Augenwurst“.

Van Halen (1979)
Die Band reiste mit vier Sattelschleppern und einem Lastwagen, sie begann mit dem Aufbau schon ab 8 Uhr und benötigte dafür 16 Helfer – ein (inoffizieller) Rekord. Der ausführliche Soundcheck startete bereits um 15 Uhr, danach blieb genug Zeit, sich mit sechs Flaschen Hochprozentigem in Stimmung zu bringen.

Motörhead (1982 und 2012)
Die legendären Rocker stockten in der Bühnenanweisung von 1982 ihren ohnehin üppigen Spirituosenvorrat handschriftlich auf – orderten aber auch literweise Frischmilch. Ansonsten gab es lapidare Hinweise auf „Spezialeffekte, z.B. Bomben, Magnesiumpulver etc. Es muss mit den Hallen geklärt werden, ob das in Ordnung ist“. Damals gab es zu dieser Order konstruktive Absprachen, wie die knappen Unterlagen bezeugen. „Heutzutage wären zwei- bis dreiseitige Bühnenanweisungen undenkbar“, weiß Stadthallen-Geschäftsführerin Birgit von Hellborn. „Die Bands reisen mit drei bis fünf Trucks an und bringen viel mehr Technik mit als früher.“ Das gilt auch für Motörhead: Als die Rocker 30 Jahre später erneut die Stadthalle beehrten, umfasste die Bühnenanweisung samt Inhaltsverzeichnis 15 Seiten.

Überhaupt hat sich einiges geändert. Was früher lapidar mit „10 Personen zum Aufbau, 12 Personen zum Abbau“ angegeben wurde, ist 2012 eine Wissenschaft für sich: Da gibt es Catering Runner („mit 500 € ausgestattet“) und Stagehands, Rigger und FOH-Spotoperator. Auch die Ausstattung der Garderobe wird bis ins kleinste Detail festgelegt: „3x Mülleimer, Beleuchtung DIMMBAR.“ Und wenn schon keine Bomben mehr gehen, stellt die Anweisung klar: „Die Band wird in den Dressing Rooms UND auf der Bühne rauchen.“

Quelle: stadthalle-offenbach.de
 
23. Januar 2017, 10.02 Uhr
red
 
 
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