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„Concrete“ daneben

Kunstprojekt im AfE-Turm gescheitert

Kurz vor seinem Abriss sollte dem AfE-Turm ein künstlerisches Denkmal zuteil werden. Doch das Projekt Concrete darf nicht stattfinden – die Angst vor Hausbesetzern hat die Sicherheitskosten in die Höhe getrieben.
Alles hier klingt nach einer Tragödie: obwohl das Projekt so viele Befürworter aus Kunst, Gesellschaft und Politik hat, scheint es wegen unlösbarer Haftungsfragen nicht zu Stande zu kommen. Ihre tragischen Helden sind dabei nicht nur die Künstler, sondern die ganze Stadtgesellschaft. Also wir.

Begonnen hat alles mit einer Idee, die die beiden Künstler Holger Wüst (Foto links) und Flo Maak bereits im Frühjahr 2011 hatten: in dem leerstehenden AfE-Turm auf dem Campus Bockenheim, soll ein vorübergehendes Kunstprojekt entstehen, das sich mit der Architektur des Brutalismus (die Bezeichnung leitet sich aus der Verwendung des Sichtbetons, also des béton brut ab) und seiner Geschichte seit Einweihung des Gebäudes 1972 vor Ort auseinandersetzen soll. Kaum war das Konzept auf’s Papier gebracht, kaum waren die elf Künstler, darunter Jeronimo Voss (Foto rechts), der 2012 schon an der documenta in Kassel teilnahm, aber auch Parastou Forouhar, Francis Hunger, Thomas Kilpper, Nora Schultz oder Rebecca Ann Tess für die Teilnahme gewonnen, finden sich Unterstützer und Geldgeber, die ebenso die Schau realisiert wissen wollten: das Frankfurter Kulturamt und die Künstlerhilfe wollen Geld geben, vor allem aber der Kulturfond Bonn unterstützt das Projekt mit stattlichen 20.000 Euro. Mittlerweile haben Wüst und Maak für „Concrete“, so der Titel der Schau, 24.000 Euro gesammelt. Das ist viel für eine mehr oder weniger privat organisierte Ausstellung ohne institutionelle Trägerschaft.

Zudem befürworteten Sighard Neckel, Dekan des Fachbereiches Gesellschaftswissenschaften aber auch Stefan Mumme vom Forum Kulturcampus Bockenheim, Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) und Felix Semmelroth (CDU), Kulturdezernent der Stadt die Ausstellung, weil sie inhaltlich eine neue Auseinandersetzung mit der Architekturströmung des Brutalismus, wie auch mit ihrem unbeliebten hiesigen Vertreter, dem AfE-Turm, künstlerisch umsetzen könne. Sighard Neckel: „Der AfE-Turm ist Teil der bundesdeutschen Gesellschaftsgeschichte und wäre mit dieser Ausstellung am Ende seiner Existenz künstlerisch gewürdigt worden.“ Und Holger Wüst ergänzt: "Der Brutalismus war eine der einflussreichsten Architekturbewegungen des 20. Jahrhunderts, und das Gebäude ist eng mit der Geschichte des Stadtteils Bockenheim und der Universität verbunden."

Doch haben Ereignisse die Arbeit der Künstler sichtbar erschwert. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft ABG Frankfurt Holding kaufte 2011 Turm und Grundstück und trägt deshalb bis zu seinem angekündigten Abriss im Sommer 2013 die Verantwortung. Frank Junker, Geschäftsführer der ABG, nahm im Februar 2013 zusammen mit den beiden Künstlern, mit Stefan Mumme, Nikolaus Hirsch von der Städelschule und weiteren Personen, an einem Ortstermin teil. Zu diesem Zeitpunkt schien es so, dass die ersten drei Etagen für das Projekt zur Verfügung stehen könnten und erst ab der vierten Etage das Gebäude, das 38 Stockwerke hat, unzugänglich gemacht werden müsste. Doch traten von Ende April an und mit polizeilicher Räumung des Instituts für vergleichende Irrelevanz (IvI) im benachbarten Kettenhofweg seitens der Eigentümer wohl Befürchtungen auf, dass nun der AfE-Turm besetzt werden könnte.

Seit April sichern also Stacheldraht und Bauzäune Eingänge und Fensterfronten des verwaisten Erdgeschosses. Ihr Rückbau, aber auch zusätzliche Sicherungsauflagen während der dreiwöchigen Laufzeit der Ausstellung, würden, laut Junker, mehr als 70.000 Euro kosten. Dass die ABG aus haftungsjuristischen Gründen das Gebäude sichern muss, ist nachvollziehbar. Nachvollziehbar ist aber auch, dass Holger Wüst und Flo Maak als nicht-institutionelle Organisatoren diese Summe nicht aufbringen können, erst recht nicht in dieser kurzen Zeit bis zur geplanten Ausstellungseröffnung am 20. Juni. Nachvollziehbar ist auch, dass sie mit dem Projekt nicht einfach in ein anderes Gebäude, wie das FLAT in der Rober-Mayer-Straße umziehen können, wenn doch ihr künstlerisches Material der AfE-Turm und seine besondere Architektur ist.

Das Beispiel ist nicht allein deshalb so tragisch, weil schon so viel Arbeit in die Organisation und Vorbereitung geflossen sind, weil das projektgebundene Geld, dass schon eingeworben wurde, mit dem Nichtzustandekommen wieder zurückgegeben werden müsste. Tragisch ist an dem Scheitern vor allem, dass die Stadt Frankfurt, deren Tochter die ABG Holding schließlich ist, das Projekt einerseits befördern will, andererseits mit der Nichtlösung der haftungsjuristischen Fragen, die ja Raumfragen sind, gleichzeitig verhindert. Wenn in Zukunft künstlerische Projekte an ungewöhnlichen Orten stattfinden sollen, muss hier an einer realisierbaren Lösung gearbeitet werden. Von allen Beteiligten. „Concrete“ gäbe konkret immer noch eine gute Gelegenheit dafür.
 
23. Mai 2013, 11.30 Uhr
Grit Weber
 
 
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