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Foto: Lukas Gedziorowski
Foto: Lukas Gedziorowski

Comic-Künstler Reinhard Kleist über Flüchtlinge

"Eine grauenhafte Odyssee"

Am Donnerstag stellte der Comic-Künstler Reinhard Kleist sein Buch "Der Traum von Olympia" in Frankfurt vor. Darin erzählt er eine Flüchtlingsgeschichte, die beispielhaft für viele steht.
Bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking lief Samia Yusuf Omar noch die 200 Meter für Somalia. Sie kam als Letzte ins Ziel. Für die nächsten Spiele in London trainierte sie hart – auch gegen die Widerstände im eigenen Land. Doch auf ihrer Flucht ertrank sie im Mittelmeer. Das Schicksal der 21-Jährigen ist beispielhaft für viele andere, die den gefährlichen Weg nach Europa auf sich nehmen und dabei ihr Leben riskieren oder gar verlieren.

Reinhard Kleist hat Samia Yusuf Omar einen Comic gewidmet: „Der Traum von Olympia“ heißt er und ist in diesem Jahr erschienen. Die Kritik hat es wohlwollend besprochen - wie schon zuvor seine biografischen Comics über Johnny Cash, Fidel Castro und den Boxer und KZ-Überlebenden Hertzko Kraft. Am Donnerstagabend stellte er auf Einladung der Heinrich-Böll-Stiftung Hessen sein jüngstes Werk beim Verein Basis in der Gutleutstraße vor. „Mir war es wichtig zu zeigen, welche Geschichte hinter den Bildern steckt“, sagte Kleist. Er habe den Flüchtlingen ein Gesicht geben wollen. Bewusst habe er sich dabei für die Geschichte der Olympionikin entschieden, weil es sich um einen herausragenden Fall handele und er es so schaffe, den Leser viel mehr in die Geschichte zu ziehen. Er erzählte von einer „grauenhaften Odyssee“, zu der auch Gefängnis und Entführung gehörten.

Kleist zeigte auch seine Comicreportage über das nordirakische Flüchtlingslager Kawergosk, eine Einrichtung des UN-Flüchtlingswerks UNHCR. Der Künstler war von Arte während eines journalistischen Projekts dorthin eingeladen worden; der Comic erschien auf der Website des deutsch-französischen Kultursenders. Kleist erzählte von der Hilfsbereitschaft der Dorfbewohner den syrischen Flüchtlingen gegenüber, von der Enge der Zelte, in denen zum Teil achtköpfige Familien unterkommen müssen und von alltäglichen Widrigkeiten wie dem Gang aufs Plumpsklo.

Zunächst war für ihn aber die Frage: Wie anfangen? Kleist tat im Lager, was ein Zeichner so tut: er begann zu zeichnen, was er sah. Ein Mädchen mit einem „lustigen Hut“. Es revanchierte sich, indem es ein Schulheft nahm und den Zeichner ebenfalls zeichnete. Der Profi zeigte sich beeindruckt davon, um wie viel besser das Kind seine Sache gemacht hat, als er. „Es ist eine schwierige Situation für Kinder“, sagte Kleist. Viele seien traumatisiert, auch das Mädchen habe aus schwierigen familiären Verhältnissen gestammt. Immerhin gab es im Flüchtlingslager einen Kindergarten und eine Schule.

Das Zeichnen wurde für Kleist, der mit den Bewohnern des Camps über ihre Erlebnisse sprach, eine Art comic relief: Nachdem die Menschen ihm ihre schwierigen Geschichten erzählt hatten, lachten sie anschließend über die Bilder, auf denen er sie verewigt hatte. „Über das Zeichnen war eine andere Art der Kommunikation möglich.“ Reinhard Kleist brachte den Kindern Malstifte mit. Zunächst hatte er einen Comicworkshop geplant, aber als er merkte, dass die Kinder einfach nur loslegen wollten, ließ er sie einfach malen. Zum einen über ihre Heimat, zum anderen über das Leben im Lager. Ein Junge zeichnete eine Kriegsszene, auf der ein Mann zu sehen ist, der ein Maschinengewehr abfeuert und dabei weint. Kleist erzählte, wie er selbst den Tränen nahe war, als er das Bild sah.

Ein Besucher sagte am Ende, er freue sich, Kleists Buch „Der Traum von Olympia“ gelesen zu haben. Es habe ihm gezeigt, dass man nicht zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen unterscheiden dürfe. „Jeder hat das Recht, seinen egoistischen Gründen nachzugehen“, sagte der Mann. Egoismus sei der Antrieb unseres Wirtschaftssystems.

Der zweite Gast des Abends, Stephanie Deubler von der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, sagte, es gebe verschiedene Gründe für Flucht. „Deutschland komme seiner Verantwortung nach, was nicht in allen europäischen Ländern gleichermaßen erfolgt“, sagte sie. Das beste Mittel, um mit der Flüchtlingskrise umzugehen, sei es, legale Wege für die Einwanderung zu öffnen. „Je eher die Menschen einen regulären Aufenthaltsstatus bekommen, desto besser“, sagte Deubler.
 
11. September 2015, 12.15 Uhr
Lukas Gedziorowski
 
 
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